TAIZÉ

Für diesen Monat

Gedanken zur Bibel

 
Mit den „Gedanken zur Bibel“ kann man mitten im Alltag, allein oder mit anderen, Gott suchen. Jeder nimmt sich mit dem vorgeschlagenen Text, dem Kommentar und den Fragen eine Zeit der Stille. Danach treffen sich alle zum Austausch. Davor oder danach kann ein gemeinsames Gebet stehen.

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2009

November

Markus 2, 13-17: Ein Neuanfang
„Jesus ging wieder hinaus an den See. Da kamen Scharen von Menschen zu ihm und er lehrte sie. Als er weiterging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Da stand Levi auf und folgte ihm. Und als Jesus in seinem Haus beim Essen war, aßen viele Zöllner und Sünder zusammen mit ihm und seinen Jüngern; denn es folgten ihm schon viele. Als die Schriftgelehrten, die zur Partei der Pharisäer gehörten, sahen, dass er mit Zöllnern und Sündern aß, sagten sie zu seinen Jüngern: Wie kann er zusammen mit Zöllnern und Sündern essen? Jesus hörte es und sagte zu ihnen: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten.“ (Markus 2,13-17)

Wo immer Jesus hingeht, stellt er Normen und Erwartungen auf den Kopf, bringt Frische mit sich und die Chance für einen Neubeginn. Die Berufung des Levi ist dafür ein Beispiel.

Auf den ersten Blick scheint er wie andere Rabbis zu Menschenmenge zu sprechen und sie zu lehren, doch auf einmal sieht er Levi, den Zöllner, vor seinem Zollhaus sitzen. Zur Zeit des Neuen Testaments waren Zöllner aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie besaßen den Ruf, unehrlich zu sein und mit den römischen Besetzern zusammenzuarbeiten. Ähnlich den Prostituierten haben auch sie etwas von ihrer menschlichen Integrität aufgegeben. Aber Jesus sieht in Levi nicht jemanden, der wegen seines Berufs in schlechtem Ruf steht: er sieht in ihm einen Menschen mit Talenten und Fähigkeiten, aber auch mit Fehlern und Verletzungen. An diesen Menschen richtet er seinen Ruf: einfach, klar, unglaublich. Levi antwortet ebenso einfach. Vielleicht ist es das Einzige, was er tun kann; einen Neuanfang zu wagen.

Die Atmosphäre wird zwangloser und entspannter: es ist von einem gemeinsamen Abendessen die Rede, bei dem Jesus, Levi und dessen Freunden zusammensaß. Dass Jesus mit diesen Menschen bei Tisch sitzt zeigt, dass er sich nicht um seinen guten Ruf kümmert und dass es für ihn keine Menschen zweiter Klasse gibt: wir sind alle nur Menschen. Er heißt damit weder den Lebensstil der Zöllner gut, noch billigt er das Gesellschaftssystem oder die Beweggründe, die sie dahin gebracht haben. Sie sind wie Kranken, die einen Arzt brauchen. Aber anders als die rechtschaffenen und gebildeten Pharisäer, sieht Jesus tiefer als ihre Probleme, er nimmt sie an, wie sie sind, und macht sie damit zu neuen Menschen; eine Änderung ihres Lebens wird möglich.

Der Ruf Jesu, der über alle Erwartungen hinausgeht und eine Antwort erwartet, ist eine echte Herausforderung. Aber er ist auch tief demütig: Jesus versucht nicht, sich mit dem gesellschaftlichen Ansehen seiner Jünger und Freunde einen Namen zu machen. Er kümmert sich einzig und allein um andere, nicht um sich selbst: genauso wie Gott sich uns gegenüber verhält.

- Fühle ich mich wegen meiner Fehler manchmal weniger wert als die anderen? Was hat mich verstehen lassen, dass Christus mich – im Gegensatz dazu – so ruft wie ich bin, ohne Bedingungen zu stellen?

- Wie kann ich oder meine Gemeinschaft anderen das Gefühl geben, dass sie berufen und geliebt sind, einzig aus dem Grund, dass sie Menschen sind?



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Letzte Aktualisierung: 1. April 2024