Kalkutta
Unsere Besuchsreise mit einem Gebet im „Mutterhaus“ der Missionarinnen der Nächstenliebe zu beginnen, war eine große Freude! Die gemeinsame Zeit erinnerte uns daran, wie Frère Roger vor 35 Jahren auf Einladung von Mutter Teresa erstmals nach Indien gekommen war. Wir waren eine recht große Gruppe: Jugendliche; Mitarbeiter von Ankur Kala, einer NGO, die unter den unterdrückten Frauen und Kindern von Kalkutta arbeitet, und freiwilligen Helfern der Schwestern von Mutter Teresa. Einige kamen, um am Grab von Mutter Teresa zu beten. Es war ein friedlicher Moment voller Dankbarkeit für das Zeugnis, das die Schwestern mit ihrem Leben geben.
In Kalkutta gab es auch ein Gebet in der Wohnung der Schwestern in Anjali Bhavan; ein weiteres im Bischof College (Kirche Nordindiens). Es wurde von zwei jungen Menschen vorbereitet, die nach drei Monaten gerade aus Taizé zurückgekehrt waren.
Nagpur
In Nagpur konnten wir die verschiedenen Jugendämter besuchen, mit denen wir zusammenarbeiten, sowie den Rat der Kirchen. Es ist wichtig, diese Beziehungen aufrecht zu erhalten: sie bereiten Jugendliche für einen längeren Aufenthalt in Taizé vor. Überall wurden wir sehr herzlich empfangen; es ist klar, dass unsere Arbeit viel Vertrauen schafft.
Wir waren auch in Yuvagram, einem Dorf in der Nähe von Nagpur, wo wir zwei Einkehrtage leiteten. Zwei Priester und mehrere junge Leute des ICYM (Indian Catholic Youth Movement) kamen unter anderem bis aus Delhi. Es war beeindruckend zu sehen, wie motiviert die Teilnehmer waren. In den zwei Tage konnte man spüren, worauf sie hoffen. Zwei der Jugendlichen werden demnächst nach Taizé kommen. Unter den Teilnehmern war auch Ravi, der davon erzählte, wie sein Aufenthalt in Taizé 2007 sein Leben verändert hat. Er ist zurzeit Präsident des ICYM. Am letzten Abend gab es ein Gebet in der Dorfkirche. Es war ein sehr schlichtes Gebet, aber jeder war glücklich und dankbar. Viele Kinder kamen, sangen die traditionellen Bajans auf Hindi und kamen zum Gebet vor dem Kreuz.
In der Nähe von Nagpur besuchten wir auch ein orthodoxes Priesterseminar. Wir konnten drei Seminaristen wiedersehen, die drei Monate in Taizé verbracht hatten. Wieder spürten wir ein großes Vertrauen. In der Nähe des Seminars gibt es ein Haus für körperbehinderte Kinder. Das Seminar ist für dieses Haus zuständig und die Seminaristen arbeiten dort. Dieses konkrete Engagement ist ein Teil ihrer Ausbildung.
Mumbai
Ein kurzer Aufenthalt in Mumbai ermöglichte es uns, mehrere für die Jugendarbeit der verschiedenen Kirchen verantwortliche Pfarrer zu treffen. In Vasai trafen wir Erzbischof Felix Machado, der uns eingeladen hatte, eine Morgenandacht mit vierzig jungen Priestern zu gestalten. Sie waren sehr interessiert und hatten viele Fragen und Anmerkungen!
Kerala
In Kerala nahmen uns die Salesianer herzlich auf. Zum Abendgebet kam die ganze Gemeinde, und zu einem Besinnungstag viele hoch motivierte Menschen. Wie immer kamen die Teilnehmer aus ganz verschiedenen Hintergründen – in diesem Fall aus verschiedenen Jugendorganisationen: der „Jesus Youth“, den orthodoxen Studenten, der ICYM. Zum Abschluss der Besinnungstage gingen wir ins Priesterseminar in Alwaye. Alle 157 Seminaristen kamen zu einem sehr schönen Gebet!
Shillong: „Im Glauben verbunden, der Grenzen überschreitet“
Oktober 2010
Im Oktober 2010 fand in Indien der 8. Nationale Jugendkongress statt, der vom Jugendbüro der katholischen Jugend Indiens alle drei Jahre organisiert wird. Von Anfang an waren Brüder der Communauté dazu eingeladen; ein schönes Zeichen der Verbundenheit mit so vielen Jugendlichen aus Indien, die nach Taizé gekommen sind oder, angeregt durch andere, in ihren Gemeinden mit den Gesängen aus Taizé beten. Der diesjährige Kongress wurde in Shillong gehalten, der Hauptstadt von Meghalaya, die im Nordosten Indiens auf fast 2000 Metern Höhe liegt. Langsam ansteigend fährt man durch das grüne Land, Teeplantagen und Reisfelder säumen die Straße, später dichte Wälder. Elefanten ziehen Baumstämme durch die Felder.
In Shillong angekommen spürt man eine angenehme Kühle, anders als in den heißen Städten im Landesinnern. Jugendliche aus allen Landesteilen hatten sich auf diesen Weg gemacht, viele fuhren mehrere Tage mit dem Zug und dann das letzte Stück auf der Straße mit Bussen. Schon beim Eröffnungsgottesdienst war viel Freude spürbar, Freude an der schönen Vielfalt der Jugendlichen, sichtbar an den traditionellen Gewändern der Gäste, den Sprachen aus den verschiedenen Landesteilen, der christlichen Traditionen. Christen im Süden Indiens berufen sich auf den Apostel Thomas und feiern Gottesdienste in den alten Riten der Kirche. Dankbar waren alle über die herzliche Gastfreundschaft der Menschen. Hier in Meghalaya gehören viele zu den „tribals“, alten Stammesgruppen, die zum Großteil christlich sind. Sie hatten sich viele Monate vorbereitet, um die zweitausend Teilnehmer aus dem ganzen Land aufzunehmen. Tänze und Lieder aus den verschiedenen Regionen ließen die Barrieren vergessen und man spürte Verbundenheit über Grenzen hinweg.
In einer extra für diesen Anlass aus Bambusstämmen errichteten Halle fanden täglich die Treffen statt. „Live the word, liberate the world“ war das Thema, zu dem es Referate, Diskussionen in kleinen Gruppen und Thementreffen gab. Die Brüder waren eingeladen, neben zwei Workshops auch täglich mit den Teilnehmern gemeinsam zu beten. Vielen waren die Gesänge aus Taizé bekannt; die traditionellen, indischen Wiederholgesänge – Bahjans - passten gut dazu. Gelesen wurden die Bibeltexte in den verschiedenen Sprachen des Landes, von Mayalalam, das in Kerala im Süden des Landes gesprochen wird, bis zu Khasi, der Sprache der „tribals“ in Shillong und Umgebung. Für das Gebet am Samstagabend, kamen Jugendliche aus der Region dazu, so dass die Halle bis auf den letzten Platz gefüllt war. Jugendliche des Khasis hatten einen Chor zusammengestellt. Zu singen, hat in diesem ’tribal’, in dem Matriarchat herrscht, eine lange Tradition. Durch die wunderbaren Stimmen angeregt, wurde es ein schönes Gebet; bis in die Nacht hinein sangen alle weiter, während alle zum Kreuz kamen und wie freitags in Taizé am Kreuz beteten.
Zum Abschlussgottesdienst am Sonntag kamen die Christen aus der ganzen Gegend zusammen, um gemeinsam mit den Jugendlichen zu feiern. Es waren wohl an die 100 000, welche die Plätze und Straßen füllten, auf die der Gottesdienst übertragen wurde. Alle fuhren mit neuem Mut nach Hause, gestärkt durch Momente des Gebets, des Miteinanders, des geteilten Glaubens. Manche waren wieder für ein paar Tage unterwegs, um das in Shillong erlebte im Alltag, in den Jugendgruppen in den verschiedenen Teilen des Landes zu leben. In großer Vielfalt und doch im Glauben über Grenzen hinweg verbunden.