TAIZÉ

Teilen, was wir haben

 
Der „Brief aus Taizé“ erscheint viermal im Jahr. Hier einige zusätzliche Berichte zum Thema „Teilen, was wir haben“ aus der aktuellen Ausgabe. Diese Zeugnisse veranschaulichen, was Frère Alois im „Brief aus China“ schreibt:
Viele Initiativen mit anderen zu teilen, sind im Rahmen unserer Möglichkeiten: ein Netz gegenseitiger Hilfe aufbauen, Partnerschaften von Städten, Dörfern oder Kirchengemeinden anregen, um Bedürftigen zu Hilfe zu kommen, neue Technologien so einsetzen, dass sie zu gegenseitiger Unterstützung dienen...

Michael aus Deutschland hat als Freiwilliger Helfer ein Jahr in Taizé verbracht.

Im Juni verließ ich Taizé nach elf Monaten Freiwilligendienst. Nach meiner Rückkehr nach Hause gab es vieles, was mich beschäftigte und ablenkte, aber nach einiger Zeit entdeckte ich mehr und mehr, welch großen Schatz ich in mir trug: die Erinnerungen an das Leben in Taizé. Und dabei heißt Leben in Taizé für mich Gemeinschaftsleben, Andere treffen, sich austauschen, teilen, was wir haben.

Wenn ich früher über das Wort „Teilen“ nachdachte, assoziierte ich damit meistens etwas Materielles. Durch meine Erfahrungen in Taizé, dem Leben und Arbeiten mit anderen Freiwilligen aus aller Welt, fand ich heraus, dass Teilen weit darüber hinausgehen kann.

Wir können Freude und Leid, kulturelle Hintergründe, Erinnerungen, Zweifel, Zuversicht, Vertrauen und Glaube teilen. Oftmals tun wir dies unbewusst - doch wie schön ist es, wenn wir diese Momente des einfachen Teilens im Alltag bewusst wahrnehmen!

Im gemeinsamen Leben können wir ein schöpferisches Moment durch Teilen entdecken, das uns auch beim Verständnis des eucharistischen Geheimnis’ helfen kann. Nur wenn wir uns selbst geben und teilen, können wir etwas Neues und Unerwartetes, etwas Einzigartiges erschaffen. Solche Momente einfachen Teilens können verwandelnd sein, können tiefe Gemeinschaft mit Anderen schaffen. Was sonst ist die Gemeinschaft, Kommunion, im geteilten und gegebenen Leib Christi?! Momente des Teilens, was immer wir auch haben mögen, können Widerschein des eucharistischen Geheimnisses in unserem Alltag sein.

Es sind diese Momente, die in Erinnerung bleiben, unvergesslich, die darauf warten wieder geteilt zu werden.

Barbara stammt aus Concepción in Chile, wo Jugendliche verschiedener Kirchengemeinden jeden Sommer so genannte „Dorfmissionen“ durchführen.

Jede Kirchengemeinde besucht zwei Sommer lang eine bestimmte Gegend, die mehr oder weniger weit von der Stadt entfernt liegt. Die Leute auf den Dörfern leben hauptsächlich von der Landwirtschaft und haben nicht immer fließendes Wasser und Strom. Obwohl die Häuser weit verstreut liegen, kennt man sich; die Straßen sind oft in schlechtem Zustand und sofern man nicht zu Fuß geht, begibt man sich mit dem Pferd oder Fahrrad von einem Ort zum anderen. Die Familien in diesen Gegenden haben es oft weit zur Kirche, so werden oft kleine Kapellen errichtet. Trotzdem kommt nur einmal im Monat ein Pfarrer vorbei, um Eucharistie zu feiern.

Durch die Besuche bei diesen Familien zusammen mit meiner Gemeinde habe ich das Leben der Menschen in dieser Gegend kennen gelernt. Wir haben vorher Religionsstunden für die Kinder und für die Erwachsenen vorbereitet, und dann jeden Vormittag die Familien besucht und uns am Nachmittag zum Unterricht getroffen.

Ich konnte mit Erstaunen feststellen, dass die Leute uns erwarteten; sie empfingen uns sehr liebevoll und hatten uns jedes Mal etwas anzubieten. Ich habe viel mehr bekommen, als ich selbst geben konnte. Ich habe eine alte Frau kennen gelernt, die völlig einsam lebt. Sie hatte ihr ganzes Leben lang ihre eigenen Eltern gepflegt und nach deren Tod war sie alleine. Sie lebte in einem kleinen Haus, mehrere Kilometer von den nächsten Nachbarn entfernt. Bei meinem ersten Besuch zeigte sie mir ihr Gebetbuch und erzählte mir, dass sie jeden Tag einen Bibelvers auswählt zu dem sie danach ein persönliches Gebet aufschreibt. Ich begann, in ihrem Buch zu lesen und sah, dass sie Gott für jedes noch so unbedeutende Ereignis am Tag dankte.

Es ist unglaublich, aber sobald man einem Fremden Bruder nennt, ist Gott mit uns unterwegs. Mit kleinen Gesten, die manchmal völlig wertlos erscheinen, können wir Hoffnung säen und immer wieder sehen, wofür wir Gott danken können.

... reisen, um andere Kulturen und Lebensverhältnisse von innen her zu begreifen…

Amanda aus Schweden hatte im Februar am Jugendtreffen in Manila auf den Philippinen teilgenommen.

Ich reise sehr gerne und es macht mir große Freude, Menschen kennen zu lernen, die für eine kurze Zeit ein Stück ihres Lebens mit mir teilen. Ich möchte sehen, wie die Menschen leben und dabei immer wieder feststellen, auf wie verschiedene Weise wir leben und wie ähnlich unser Leben gleichzeitig ist. Das Leben eines anderen teilen zu können, ist ein Geschenk, vor allem, wenn wir in ganz verschiedenen Umgebungen leben.

Ich habe am Treffen auf den Philippinen teilgenommen und eigenartigerweise fühlte ich mich dort mehr zu Hause als in Schweden. Unter den 1400 Schülern an meiner Schule waren wir 25, die sich als gläubig bezeichnet hatten. Auf den Philippinen ist überall zu lesen „Jesus ich liebe dich“ und „wir vertrauen Gott“; es war beeindruckend zu sehen, wie ein Land aus dem Glauben lebt.

Was ich auf meinen Reisen erlebt habe, war so ähnlich wie das, was man in einer Woche in Taizé erleben kann. Die Leute sind offen und interessieren sich aufrichtig f:ür das, was man sagen möchte und was man ist. Es geht darum, im Augenblick zu leben. Indem man mit dem Geist von Taizé im Herzen verschiedene Länder bereist, gewinnt man mehr und mehr die Überzeugung, dass jede Beziehung, für die man bereit ist etwas zu geben, dazu beträgt, eine bessere Welt aufzubauen.

... neue Technologien so einsetzen, dass sie zu gegenseitiger Unterstützung dienen...

Guna Anna aus Lettland versucht, ihren Glauben mit den Herausforderungen ihres Berufslebens in Einklang zu bringen.

Ich danke Gott für alles, was er uns schenkt, dafür dass er mich schon lange vor schwierige Fragen stellt: soll ich auch weiterhin die Begabungen, die Gott mir gegeben hat, nur um eines materiellen Zwecks willen gebrauchen? Soll ich um alles in der Welt einmal Millionär werden? Oder könnte ich mit meinen Talenten und den Erfahrung im Umgang mit der Technologie des 21. Jahrhunderts nicht besser meine Kirchengemeinde aufbauen und das Wort Gottes noch weiter hinaustragen als bisher? Wie kann ich also ohne mein schönes Büro und die wichtigen Sitzungen am Abend auskommen?

Nachdem ich mich entschieden habe, mein Leben radikal zu ändern, bin ich mir sicher, dass ich „je weniger ich besitze, desto mehr zu teilen habe“. Ich danke Gott dafür, dass er mir gezeigt hat, wo ich meine Begabungen einbringen kann.

Letzte Aktualisierung: 23. August 2010
Hier weiter Berichte Jugendlicher aus der Druckausgabe des „Briefes aus Taizé“: