Jeder Mensch braucht die Vergebung wie das tägliche Brot. Gott schenkt sie immer, ohne wenn und aber, „er, der dir all deine Schuld vergibt“. Die Hände im Gebet öffnen, ist eine ganz einfache Geste, die unsere Sehnsucht, sie anzunehmen, zum Ausdruck bringen kann.
Joseph (Vietnam)
Während meiner Zeit in Taizé fragte ich mich oft, wie Menschen aus so vielen verschiedenen Ländern, Kulturen und auch Religionen zusammen beten und leben können. In der Kirche beobachtete ich, dass es einigen am Anfang der Woche schwer fällt, zu schweigen. Doch mit der Zeit waren die Meisten in der Lage, mit Freude zu beten und tief mit Gott in Verbindung zu treten. Ich beobachtete auch, dass die meisten in der Lage sind, offen über ihre geistlichen Erfahrungen zu sprechen, und gleichzeitig die anfallenden Arbeiten – auch wenn diese manchmal langweilig oder unangenehm sind – gemeinsamen anzugehen... das Saubermachen der Toiletten zum Beispiel. Alle schienen diese Dinge mit Freude zu tun. Was für ein starker Ausdruck der Freude!
Wie ist das in Taizé möglich? Menschen überwinden ihre Unterschiede, um gemeinsam zu beten und zusammenzuleben. Vielleicht erkennen sie, dass Gott sie immer liebt, und dass er ohne Bedingungen vergibt. So spüren sie, dass sie geliebt sind, und ihre Herzen sind voller Freude und sie möchten dies zum Ausdruck bringen.
Christus unterscheidet zwischen der Person und der begangenen Verfehlung. Bis zum letzten Atemzug am Kreuz hat er sich geweigert, irgendjemanden zu verurteilen. Und er hat Verfehlungen nicht klein geredet, im Gegenteil, er hat sie auf sich genommen.
Eze (Nigeria)
Vergebung ist eine Haltung der Liebe, die alle Fehler hinnimmt, um in Frieden zu leben. Wir können mit anderen nicht in Frieden leben, solange wir nicht anfangen, uns mit uns selbst zu versöhnen. Als Christen gelingt einem dies, wenn man akzeptiert, dass Christus uns als erster vergeben hat.
Meiner Ansicht nach ist Vergebung nicht so leicht, wie es den Anschein hat, und es ist ein Engagement und eine Verantwortung. Ich habe immer wieder festgestellt, dass man nur durch die Gnade und die Liebe Gottes vergeben kann. Ich möchte damit sagen, dass Christus anzunehmen, ihn der uns liebt und uns vergibt, bedeutet seine Gegenwart in unser Leben einzulassen. Dort hat der Frieden seine Wurzeln, die Freiheit und die Versöhnung mit uns selbst und mit der Schöpfung Gottes.
Die Vergebung Gottes empfangen und weitergeben ist der Weg, den Christus gebahnt hat. Wir gehen ihn trotz unserer Gebrechlichkeiten und Wunden. Christus macht uns nicht zu Frauen und Männern, die bereits am Ziel angelangt sind.
Daniel (Costa Rica)
In den vergangenen zwei Jahren habe ich mit mir selbst gekämpft, um mich zu entscheiden, was ich im Leben anfangen wollte. Ich traf Entscheidungen, aber es waren nicht die richtigen; und das nahm mir jede Hoffnung und Zuversicht. Aber hier in Taizé habe ich verstanden, dass die Vergebung Christi in erster Linie bedeutete, mir selbst zu vergeben.
Ich gestand mir ein, dass ich mich geirrt hatte, und das hat mir geholfen, meine Wunden heilen zu lassen. Ich habe sogar verstanden, dass meine Fehler mir helfen konnten, denn ich begann zu entdecken, wer ich bin und was ich mit meinem Leben anfangen möchte. Dies zu wissen nimmt einem nicht die Angst, genauso wenig bedeutet es, dass mein Leben dadurch immer einfach sein wird, aber ich möchte auf jeden Fall dieses Risiko eingehen: die Vergebung, die von Christus kommt, hat mich zum Leben zurückgeführt.
Arme des Evangeliums, die wir sind, erheben wir als Christen nicht den Anspruch, besser als andere zu sein. Uns kennzeichnet einfach die Entscheidung, zu Christus zu gehören. Mit dieser Entscheidung wollen wir vollkommen konsequent sein.
Jessica (Neuseeland)
Eine der Freuden, die mir mein Christsein schenkt, liegt in der täglich neuen Entscheidung, zu Christus zu gehören. Ich muss diese Entscheidung nicht allen mitteilen, es ist vielmehr eine persönliche Entscheidung, die ich für Christus treffe. Um behaupten zu können, dass ich zu ihm gehöre, setzt voraus, meinen Glauben aktiv zu leben und einfach und von Herzen demütig zu sein. Es setzt voraus, sich in Christus zu halten, nicht damit die anderen das sehen, sondern weil ich verstanden habe, was Christus mir anvertraut und dass ich ihm nachfolgen möchte!
Auch wenn ich mich jeden Tag aufs Neue dafür entscheide, zu Christus zu gehören, so merke ich doch sehr oft, dass meine Fragen und Zweifel mir einreden, dass ich es nicht schaffen werde. In diesen Zeiten bete ich und vertraue mich Christus mit all meinen Zweifeln und Fragen an, und bitte ihn um Hilfe, ihm mit dem geringen Glauben, den ich habe, immer treu zu bleiben.
„Der Christ ist ein Mensch, der aus der Vergebung lebt, der genau weiß, dass er alle Tage die Gebote Gottes übertritt, der aber auch alle Tage zu Gott zurückkehrt und der mit unbesiegbarer Gewissheit weiß, dass doch Gott das letzte Wort in seinem Leben haben wird. Christus hat sich seiner angenommen, hat für ihn vor seinem Vater die Verantwortung übernommen; er ist nicht allein in seinem Kampf; der, dem er sich hingegeben hat, wird ihn niemals verlassen.“ (Suzanne de Diétrich, 1891-1989)
Mel (Chile)
Wenn ich über die Vergebung nachdenke, dann muss ich unweigerlich an das Gleichnis vom verlorenen Sohn und an den zweiten Korintherbrief des Apostels Paulus (5,18-21) denken. Jesus unterscheidet zwischen der Person und der Sünde, die dieser begangen hat, denn der Mensch gehört dem Vater und die Sünde ist eine Versuchung, die unseren Glauben auf die Probe stellt. Aber der Vater gewährt uns in seiner unendlichen Barmherzigkeit eine Freiheit in Fülle. Geduldig wartet er auf uns wie nach einer langen Reise, zu der wir uns entschlossen hatten, weil wir uns bei ihm nicht mehr wohl fühlten.
Er lässt alles stehen und liegen, als er uns zurückkommen sieht. Ohne vorschnell zu urteilen, läuft er auf uns zu, und fällt uns um den Hals, als er sieht, wie leid es uns tut. Ohne lange zu fragen, bereitet er für uns ein Fest vor. Er ist ganz einfach glücklich, dass wir wieder da sind und feiert mit allen die Heimkehr seines verlorenen Sohnes. An diesem Punkt überlassen wir uns ihm, hier findet Versöhnung statt: in der unendlichen Zärtlichkeit der Liebe zu seinem Sohn.
„Der Christ gehört Jesus Christus nicht bloß, wie zweifellos alle Menschen ihm gehören, sondern er gehört zu ihm, d.h. aber: das Werk, das Jesus Christus in der Welt tut, wird der Sinn auch seines Wirkens, der Kampf, den Jesus Christus in der Finsternis gegen die Finsternis kämpft, wird die Sache, in der mitzukämpfen auch er sich hergeben darf.“ (Karl Barth, 1886-1968)
Abigail (Malta)
Christus sagte: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“(Matthäus 16,24). Für einen Menschen ist es nicht leicht, wirklich als Christ zu leben. Ich sehe mich immer wieder Widerständen und Ablehnung ausgesetzt. Auch Fragen und Zweifel kommen auf. Ein ständiger Kampf entsteht in mir, zwischen dem was Gott von mir will, und dem was ich mir wünsche. Dann erinnere ich mich daran, dass Jesus auch noch in der dunkelsten Nacht bei mir ist. Er ist mein Licht und mein Führer. Zu ihm erhebe ich meine Seele. Es ist gut, dem Herrn zu vertrauen und auf ihn zu hoffen. „Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt“ (Philipper 4,13). Mit ihm gelange ich ans Ziel.