TAIZÉ

Ostern 2014

Der auferstandene Christus macht uns zu leidenschaftlichen Suchern nach Gemeinschaft

 
Samstag, 19. April 2014

Wir erleben in der Karwoche, die morgen früh mit dem Ostergottesdienst ihren Höhepunkt erreicht, sehr intensive Tage. Wir sind hier aus vielen verschiedenen Ländern zusammengekommen und erfahren eine Gemeinschaft, die über die Grenzen von Sprachen und Konfessionen hinausgeht.

Morgen früh rufen wir – wie es die Christen auf der ganzen Welt tun – einander den Ostergruß zu: „Christus ist auferstanden – Er ist wahrhaft auferstanden.“
Der Auferstandene führt uns zusammen. Auch wenn wir ihn nicht sehen, möchte er doch auf geheimnisvolle Weise für jeden Menschen, für jeden von uns, gegenwärtig sein.

Am Kreuz hat Jesus schrecklich gelitten und ist wie ein Verbrecher gestorben. Aber hinter diesem Leiden kann man eine noch tiefere Wirklichkeit erkennen. Wir sehen sie auf der Kreuzikone: Jesus breitet seine Arme aus, um die gesamte Menschheit in seiner Liebe aufzunehmen. Selbst mit unseren Fehlern und unserer inneren Gewaltbereitschaft nimmt er uns an.

So verändert das Leiden und der Tod Jesu unser eigenes Leiden und unseren Tod. Das nimmt dem Leben nicht seine Tragik und wir stehen nach wie vor hilflos vor dem Bösen. Aber wie für Jesus scheint auch für uns, hinter all dem Bösen, ein Licht der Hoffnung, auch wenn wir dies kaum merken. Die Flamme flackert vielleicht, aber sie geht nicht aus.

Um diese Flamme der Hoffnung am Brennen zu halten, sind wir aufeinander angewiesen. Wir Brüder möchten alles tun, damit ihr diese Hoffnung in eurem Leben entdeckt. Aber umgekehrt schenkt auch ihr durch euer Kommen uns Brüdern hier in Taizé neue Hoffnung.

Ja, Christus führt uns zusammen und möchte in uns die Leidenschaft für die Gemeinschaft wecken; er möchte, dass wir Freundschaft stiften zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden.

Diese leidenschaftliche Suche nach Gemeinschaft gehörte für Frère Roger zur Berufung unserer Communauté. Wie ihr wisst, werden wir das ganze nächste Jahr hindurch seiner gedenken, vor allem am 16. August, dem Tag, an dem sich sein gewaltsamer Tod hier in dieser Kirche zum zehnten Mal jährt.

Diese Leidenschaft für Gemeinschaft bringt es mit sich, dass nicht alle Brüder der Communauté hier in Taizé leben, sondern einige von uns in kleinen Fraternitäten auf verschiedenen Kontinenten. Einige von uns Brüdern sind auch einen Großteil des Jahres auf Reisen, um Menschen in verschiedenen Ländern zu besuchen, um ihnen zuzuhören und zu verstehen, was sie durchleben.

So waren zum Beispiel zwei Brüder von uns vor einem Monat in der Ukraine, einem Land, aus dem sehr viele Jugendliche hierher und zu den Europäischen Jugendtreffen kommen. Wir können nicht nur aus der Ferne zuschauen, wenn wir sehen, was sie momentan durchmachen.

Ein anderer Bruder wird am Montag nach Russland fahren und die Osterwoche mit den Christen in diesem Land feiern. Inmitten der großen Spannungen momentan gibt es in beiden Ländern Christen, die sich für den Frieden einsetzen.

Die gleiche leidenschaftliche Sehnsucht nach Gemeinschaft lässt uns Wege zur sichtbaren Einheit unter den Christen suchen. Wir haben den Eindruck, dass die Zeit gekommen ist, neue Schritte in diese Richtung zu tun.

Die Flamme der Hoffnung, die Christus in jedem Menschen entzündet, eint alle Getauften. Nur wenn diese Einheit noch sichtbarer wird, kann das Feuer der Liebe Christi für alle Menschen strahlen, die nach Hoffnung suchen.

Ich möchte euch deshalb bitten, für alle zu beten, die in den verschiedenen Kirchen ein Dienstamt tragen, in den evangelischen, in den orthodoxen und der katholischen Kirche. Betet dafür, dass sie euch nahe seien, dass ihnen bewusst sei, wie weit ihre Verantwortung reicht. Sie haben die sehr schwere Aufgabe, wirklich so „gute Hirten“ zu sein, wie Jesus es von ihnen verlangt.

Wir Brüder in Taizé sind unendlich dankbar für das Vertrauen das uns die Verantwortlichen der verschiedenen Kirchen entgegenbringen. Ich habe dies im letzten Jahr bei der Vollversammlung des Weltkirchenrates in Korea gespürt. Dort, in der Stadt Busan, waren zahlreiche evangelische und orthodoxe Kirchenverantwortliche zusammengekommen.

Letztes Jahr waren wir auch mit einhundert Jugendlichen zum Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar in Istanbul. Was für einen herzlichen Empfang hat uns Patriarch Bartholomäus von Konstantinopel bereitet!

Aber ich möchte auch noch ein Wort zu Papst Franziskus sagen. Ende November hatte er mich zu einem persönlichen Gespräch empfangen. Es ist unglaublich, welche Güte er ausstrahlt, und wie tief er unsere Communauté versteht! Er hat mir sehr viel Mut gemacht, auch weiterhin die Jugendlichen in Taizé aufzunehmen und unseren Weg als ökumenische Gemeinschaft weiterzugehen.

Vor drei Wochen konnte ich ihn im Anschluss an einen Morgengottesdienst in seiner kleinen Hauskapelle noch einmal begrüßen. Am gleichen Tag hatte mich abends Benedikt XVI. in das Kloster im Vatikan eingeladen, in das er sich zurückgezogen hat. Ich habe ihm noch einmal dafür gedankt, wie er uns anlässlich des Europäischen Jugendtreffens in Rom am 29. Dezember 2012, auf dem Petersplatz zu einem unvergesslichen Gebet empfangen hat.

Aber betet auch für die nächsten Etappen unseres Pilgerwegs des Vertrauens. Momentan befinden sich mehrere von uns Brüdern in Texas zu einem Pilgerweg mit drei Treffen in Austin, Dallas und Houston. Ich selbst werde am Ende nächster Woche nach Mexiko fahren, wo mehrere Brüder seit Monaten in Mexiko-Stadt ein Jugendtreffen vorbereiten.

Auch ihr werdet wieder nach Hause fahren. Vertrauen wir alle darauf, dass der auferstandene Christus uns auf unserem Weg vorausgeht, dass er uns aufnimmt und uns auf jeden unserer Wege – wo immer wir hingehen – begleitet.


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Letzte Aktualisierung: 23. April 2014