TAIZÉ

Gott sendet uns, neue Wege der Gemeinschaft zu gehen

 
Donnerstag, 11. August 2016

Die Jugendtreffen jede Woche den ganzen Sommer hindurch hier auf dem Hügel sind ein Segen und eine Herausforderung zugleich.

Ein Segen, weil Gott uns über Grenzen hinweg zusammenführt. Es ist eine große Freude, mit Menschen aus Ländern zusammen zu sein, aus denen es nicht leicht ist, hierher zu kommen – wie zum Beispiel aus Haiti oder China.

Und die Treffen hier sind eine Herausforderung, weil es nicht genügt, Frieden und Versöhnung während einer Woche hier zu leben. Gott sendet jeden von uns, Wege der Gemeinschaft zu öffnen, dort wo wir leben.


An vielen Orten auf der Welt stehen die Menschen einer Flut von Flüchtlingen gegenüber. Viele nehmen sie mit offenen Armen auf. Aber wir müssen auch sehen, dass mancherorts die Zahl der Neuankömmlinge so groß ist, dass die Bewohner sich überfordert fühlen und erschöpft sind. Dies ist völlig verständlich.

Was kann man in dieser Situation tun? Es wäre illusorisch zu denken, dass diese Flüchtlingswelle in absehbarer Zeit abflaut. Momentan können wir nur immer wieder überlegen, was angebracht und notwendig ist, um den Menschen ohne Naivität gerecht zu werden, aber auch ohne uns der Angst und dem Misstrauen hinzugeben, die es geben kann.

Ohne diesen Menschen persönlich zu begegnen, wird man keine Lösung finden. Ich habe in der vergangenen Woche den Vorschlag gemacht, dass wir alle – zu zweit oder zu dritt – auf Flüchtlinge zu gehen. Dabei geht es vor allem darum, einander kennenzulernen und zu erfahren, was diese Menschen im Leben durchgemacht haben. Daraus wird sich – wer weiß – Weiteres ergeben. Viele von euch engagieren sich bereits und ich möchte euch ermutigen weiterzumachen.


In unserer Gesellschaft gibt es so viele Schranken, die wir überwinden möchten. Überlegt in diesen Tagen, welche Trennungen ihr zu Hause überwinden könnt – zum Beispiel auch gegenüber alten und oftmals vereinsamten Menschen. Wagt es, einen Schritt aufeinander zu zu gehen. Es wird dabei Überraschungen und manchmal auch Schwierigkeiten geben, aber ich bin sicher, ihr findet eine tiefe Freude.

Christus ist gekommen, alle Menschen in der Liebe Gottes zusammenzuführen. Er wollte nicht eine Gruppe von jüngeren Gründen, die sich von den anderen distanzieren. Diese Botschaft der Gemeinschaft des Evangeliums aufzunehmen, kann uns einen großen Elan schenken. Und es kann sogar der Sinn unseres Lebens werden, diese Botschaft durch unser Leben zum Ausdruck zu bringen.


In dieser Woche sind drei Jugendliche wieder nach Algerien gefahren, wo sie momentan studieren. Sie kommen aus dem südlichen Afrika und haben mehrere Jahre lang keine Möglichkeit, in ihre Heimatländer zurückzufahren. Sie bereiten sich durch ihr Studium darauf vor, zu Hause Verantwortung zu übernehmen. Sie wissen, dass ihr Land sie braucht.

Diese drei Jugendlichen werden am kommenden Sonntag in Tlemcen, einer Stadt in Algerien mit vielen anderen an zwei aufeinanderfolgenden Jugendtreffen teilnehmen, bei denen über dieselben Themen und Fragen gesprochen wird, wie diesen Sommer hier. Diese Treffen in Tlemcen finden seit über zehn Jahren statt und ich möchte den dort versammelten Jugendlichen sagen, wie sehr wir uns ihnen verbunden fühlen.


Es scheint mir heute dringend notwendig zu sein, dass Afrika und Europa sich einander annähern. Die dramatische Situation der Flüchtlinge, von denen viele im Mittelmeer ertrinken, ist entsetzlich. Wir möchten, dass die europäischen Staaten noch mehr zusammenarbeiten, um die Flüchtlinge aufzunehmen.

Aber hören wir auch auf all die Afrikaner, die mehr Gerechtigkeit fordern in Politik und Wirtschaft. Auf diese Forderung einzugehen, ist eine Voraussetzung dafür, dass junge Afrikaner mit Zuversicht darangehen können, die Zukunft in ihren Ländern zu gestalten.

Ich freue mich bereits sehr darauf, am Ende dieses Monats nach Afrika zu fahren, nach Cotonou, der Hauptstadt des Benin. Wir bereiten dort ein internationales Jugendtreffen vor, eine Etappe des Pilgerwegs des Vertrauens auf der Erde.

Dort werden acht oder 9000 Jugendliche aus verschiedenen afrikanischen Ländern und eine kleine Gruppe junger Europäer fünf Tage zusammenleben. Sie werden wie bei den Europäischen Treffen von den Kirchengemeinden und Gastfamilien aufgenommen. Die gemeinsamen Gebete werden unter einem großen Zeltdach stattfinden.

Ich freue mich besonders deshalb, weil Afrika ein junger Kontinent ist, wo die Kirchen sehr lebendig sind. Wir möchten uns von dieser Lebendigkeit anstecken lassen. In Gespräch und Austausch werden wir nach Zeichen der Hoffnung suchen, die jungen Afrikaner mit Vertrauen in die Zukunft blicken lassen können.

Sieben Brüder der Communauté sind bereits vor Ort, der neben Schwestern von Saint André und ein Team junger Freiwilliger. Wir möchten vor allen Dingen den jungen Afrikanern zuhören, denen wir begegnen. Ich hoffe, daraus ergeben sich Fragen, die den Ausgangspunkt für die Jugendtreffen nächstes Jahr hier in Taizé sein werden.

Jetzt wird Marie aus dem Tschad das Wort ergreifen, die wie andere junge Afrikaner, Asiaten und Lateinamerikaner für drei Monate hier in Taizé mitlebt.


Marie: Wir sind glücklich, im Tschad als Christen und Muslimen in Frieden zusammenleben zu können – in den Städten und Dörfern, an den Universitäten und Hochschulen. Aber d.h. nicht, dass wir nicht auch der Herausforderung des religiösen Fanatismus und Terrorismus ausgesetzt wären.

Angesichts dieser Probleme kommen die Verantwortlichen der verschiedenen Religionen regelmäßig zusammen, um miteinander zu sprechen. Und wir Vertreter der verschiedenen Jugendbewegungen setzen uns für Liebe und ein gutes Zusammenleben mit den anderen ein.

Ich selbst bin in einer Bewegung mit Namen „Kemkogi“, was soviel heißt wie „ein einziges Herz“. Wir helfen Kindern aus armen Verhältnissen, Waisen, armen Menschen und machen dabei keinen Unterschied zwischen Christen und Muslimen.

Neben der materiellen Hilfe, die wir manchmal leisten können, geht es uns vor allem darum, den jungen Menschen, die oft in Hoffnungslosigkeit verfallen, Mut zu machen und Vertrauen in die Zukunft wiederzugeben. Ich möchte euch die Jugendlichen im Tschad und in ganz Afrika im Gebet anvertrauen.

Foto von Christ Beunk (Niederlande)

Letzte Aktualisierung: 27. August 2016