Die meisten von euch sind nur eine Woche hier in Taizé. Für uns Brüder, für die Schwestern und für die jungen Freiwilligen, ist diese Woche bereits die Mitte der Sommertreffen, d.h. die Hälfte dieses Sommers liegt bereits hinter uns. Wir freuen uns, dass ihr da seid und dass wir Woche für Woche so zahlreich zusammen sein können.
Doch in der freudigen Atmosphäre auf dem Hügel vergessen wir nicht, dass jeder auch mit Fragen hierherkommt, manchmal mit Schwierigkeiten im Leben oder mit Ängsten. Nicht immer, aber oft ist das Leiden für andere nicht sichtbar. Im gemeinsamen Gebet stehen wir einander bei, sodass uns das Vertrauen, das von Gott kommt, die nötige Kraft gibt.
Diese Woche bietet eine besondere Möglichkeit, Kraft zu schöpfen. Am Sonntag, den 6. August, feiern wir das Fest der Verklärung Christi, das uns Brüdern viel bedeutet. Auf den ersten Blick kann das, was wir feiern, recht unbedeutend erscheinen. Deshalb möchte ich heute Abend ein paar Worte dazu sagen.
Am Sonntagmorgen hören wir im Evangelium den Bericht über dieses Ereignis, das auch auf der Ikone wiedergegeben ist, die vorne in der Kirche neben dem Altar steht.
Jesus war damals mit drei seine Jünger – Petrus, Jakobus und Johannes – auf einen Berg gestiegen, um zu beten. Die Jünger waren verstört, weil ihnen Jesus einige Tagen zuvor angekündigt hatte, dass er leiden würde und getötet werde. Die ganze Hoffnung, die sie in ihn gesetzt hatten, schien zunichte gemacht.
Und jetzt geschieht auf dem Berg Tabor etwas Außergewöhnliches: Während Jesus betet, verändert sich sein Gesicht und die Jünger sehen ihn in einem unbeschreiblichen Licht. Sie hören eine Stimme vom Himmel, die sagt: „Das ist mein geliebter Sohn!“
Die Jünger sehen plötzlich, wer Jesus tatsächlich ist. Derjenige, mit dem sie seit drei Jahren zusammenleben, der demütig auf das schlimmste Leiden zugeht, erstrahlt auf einmal vor ihnen im Licht Gottes. Er ist verklärt. Die Jünger erkennen, in welcher geheimnisvollen Vertrautheit und Nähe er mit Gott lebt.
Für einen kurzen Augenblick sehen die Jünger, wie in diesem armen und verletzlichen Menschen das Licht der Auferstehung erstrahlt. So finden sie die Hoffnung wieder, die sie in ihn gelegt hatten, und die erschüttert worden war.
Was kann uns dieses Ereignis heute sagen? Jesus lädt uns alle ein, ihn für einen Augenblick mit seinen Jüngern auf den Berg Tabor zu begleiten. Dort, auf dem Berg, zeigt er uns durch seine Verklärung nicht nur das Licht Gottes, das in ihm wohnt, sondern er deutet auch an, dass er uns dieses Licht weitegeben möchte.
Petrus, der damals auf dem Berg dabei war, hat uns einen Brief hinterlassen, in dem es heißt: „Ihr tut gut daran, auf Jesus zu schauen, denn es ist ein Licht, das an einem finsteren Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in eurem Herzen.“
Wenn wir auf Jesus in seiner Verklärung schauen, sehen wir das Licht, das im Dunkeln leuchtet, und verstehen, dass wir uns als Christen von diesem Licht, von der Liebe Gottes, verklären lassen können. Er schenkt es uns, ihm gleich zu werden, durch das Gebet, aber auch durch unser Leben.
Sogar unsere persönlichen Unzulänglichkeiten, die schweren Zeiten, die wir im Leben durchmachen, und das Dunkel, das manchmal in unser Herz dringt, all das kann zu dieser Verklärung beitragen. Wir folgen Jesus nach, der die menschliche Schwachheit und das Leiden gekannt hat, aber der auch verklärt wurde und von den Toten auferstanden ist.
Wenn wir im Gebet auf das Licht des verklärten Christus schauen, zieht es in unser Herz ein. Gott sagt auch zu uns, dass wir seine geliebten Kinder sind; er sagt dies zu jedem Einzelnen von uns und zu jedem Menschen auf Erden.
Ich möchte den Christen des Ostens danken, die heute unter uns sind, aus Weißrussland, Russland, der Ukraine, aus Rumänien, Griechenland und Serbien. Das Fest der Verklärung Christi hat im Osten seinen Ursprung. Unter den Christen des Ostens ist das kontemplative Gebet in der Gegenwart Christi entstanden, der auf dem Berg Tabor verklärt wurde. Die Christen des Westens könnten sich noch mehr diesen Schätzen der Christen des Ostens öffnen.
Für Frère Roger spielte das Fest der Verklärung Christi, das jedes Jahr am 6. August gefeiert wird, eine große Rolle und er wollte darauf hinweisen, dass Gott es uns möglich macht, an der Verklärung Christi Anteil zu haben. Er schrieb einmal in einem Gebet: „Heiliger Geist, du kennst unsere Schwachheit, aber du verklärst unser Herz, sodass das Dunkel in uns zu einem innerem Licht werden kann.“
Noch ein letztes Wort zum Fest der Verklärung Christi: Es zeigt uns nicht nur, wie wir vor Gott verweilen können, sondern es macht uns auch fähig, für die anderen und für die gesamte Welt zu beten: Christus ist das Licht der Welt und wir möchten, dass sein Licht alle Menschen erreicht, dass es alle Trauernden und jedes Leid lindern möge.
Wir freuen uns ganz besonders über einen Besuch heute Abend und morgen: Kardinal Coccopalmerio, ein Mitarbeiter von Papst Franziskus in Rom ist heute unter uns.
Und ich begrüße auch Bischof Ricchiuti, der mit 150 Jugendlichen aus Altamura in Italien hier ist, und von noch weiter weg ist Bischof Ruben aus Puerto Rico bei uns.
Beide haben am Sonntag den anglikanischen Erzbischof von York, John Sentamu, kennengelernt, der die gesamte letzte Woche hier war. Und wir freuen uns am Samstag auf den Besuch von Pastor Larry Miller, den Sekretär des Global Christian Forum, das ganz verschiedene Christen – von Orthodoxen bis hin zu Evangelikalen – zusammenbringt.
Mein Name ist Ana Perla, ich bin 26 Jahre alt und komme aus El Salvador in Mittelamerika. Ich helfe in der Jugendarbeit mit und unterrichte Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Mittelamerika, an der vor 28 Jahren von der Armee 6 Jesuiten und zwei Universitätsangestellte während eines bewaffneten Konflikts getötet wurden, der erst im Jahr 1992 beendet wurde.Heute lebt das Land in einer Situation von Gewalt und Armut, vor allem in den Vorstädten, und viele Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Doch trotz all dieser sozialen Probleme und politischen Konflikte sind die Menschen in El Salvador sehr glücklich.
Ich helfe zurzeit in der Jugendarbeit der Erzdiözese von San Salvador mit und kümmere mich um Jugendliche in einem Dekanat, in dem große Gewalt herrscht. Dies macht die pastorale Arbeit besonders schwierig. Manchmal ist es zum Beispiel unmöglich, mit Jugendlichen aus verschiedenen Gemeinden zusammenzukommen, weil die einzelnen Ortschaften von verschiedenen bewaffneten Gruppen kontrolliert werden, die niemanden von außen in ihren Bereich lassen.
Die kirchliche Jugendarbeit stellt eine der wenigen Möglichkeiten dar, Jugendliche dem Einfluss dieser Banden zu entziehen. Ich habe die Hoffnung, dass viele junge Menschen durch den Glauben ihrem Leben einen Sinn geben können.
Durch ein Programm unserer kirchlichen Jugendstelle mit dem Namen „Mit Jesus unterwegs“ begleiten wir junge Menschen auf ihrem Weg zu einer persönlichen Begegnung mit Gott, zur Versöhnung und zu einem Leben, das ihren menschlichen Erwartungen entspricht. Auf diese Weise können wir durch das Zeugnis unseres Lebens anderen den Glauben weitegeben und zu einer Veränderung der Gesellschaft beitragen.