TAIZÉ

Gemeinsam zu den Quellen der Freude gehen

 
Donnerstag, 23. August | Versöhnungskirche

Diese Tage hier in Taizé sind besondere Tage: Die Workshops und die Diskussionen mit Menschen, die in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft engagiert sind, die vielen verschiedenen Themen, die Tiefe der Gespräche und eure intensive Teilnahme, all das macht diese Woche zu einem besonderen Moment in diesem Sommer auf dem Hügel.

Ich bin vor Kurzem aus Hongkong zurückgekehrt, wo wir mit zehn Brüdern ein Treffen mit 2.500 Jugendlichen hatten, die 7. asiatische Etappe unserer „Pilgerwegs des Vertrauens“. Es ist schwer in zu Worte fassen, was wir erlebt haben. Unter den Jugendlichen waren viele Länder Asiens vertreten, und außerdem eine große Zahl aus Festlandchina – das hatten wir nicht erwartet.

Die Gesänge wurden in verschiedene asiatische Sprachen übersetzt. Ein tiefes Gefühl der Einheit lag über dem Treffen, eine Einheit inmitten der großen Vielfalt dieses Kontinents, auf dem Christen vielerorts eine kleine Minderheit sind. Beten wir für die jungen Christen in Asien!

Durch den „Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde“, den Frère Roger vor über vierzig Jahren ins Leben gerufen hat, wollen wir dazu beitragen, Vertrauen zwischen den Völkern, den Kirchen und auch zwischen den verschiedenen Religionen zu stiften. Die nächste Etappe dieses Pilgerwegs – das nächste Europäische Treffen – findet Ende Dezember in Madrid statt; dann im März nächsten Jahres in Beirut, im Libanon, und im September 2019 in Kapstadt, in Südafrika. Ich werde gleich Amanda, einer jungen Freiwilligen aus Südafrika, das Wort erteilen.

Durch das Gebet, durch das gemeinsame Nachdenken und Miteinanderteilen möchten wir bei jedem Treffen auf dem „Pilgerweg des Vertrauens“ zu den Quellen der Freude gehen. Dieses Thema habe ich auch in den „Vier Vorschlägen für das Jahr 2018“ angesprochen und möchte jetzt noch etwas darüber sagen.

Angesichts der großen Herausforderungen heute fällt es uns oft schwer, die Freude zu bewahren. Manchmal scheint es geradezu unangebracht, fröhlich zu sein, wenn so viele Menschen leiden und die ökologischen Bedrohungen dramatische Ausmaße annehmen. Manche fragen sich: ‚Kann man sich da noch freuen?‘

Ich glaube, wir müssen mit dem Innersten unseres Glaubens beginnen, denn die Freude des Evangeliums kommt aus dem Vertrauen, dass wir von Gott geliebt sind, und dass alles, was existiert, von ihm kommt. Ein Prophet des Alten Testaments sagte, dass wir die wahre Freude wie ein Geschenk Gottes entgegennehmen müssen: „Macht euch keine Sorgen; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.“ (Nehemia 8,10)

Wir Christen teilen diese Gabe in einem Leben der Gemeinschaft und im gemeinsam gesungenen Lob Gottes miteinander. Durch das gemeinsame Gebet entsteht zum einen eine persönliche Beziehung zu Gott und zum anderen eine Gemeinschaft zwischen denen, die zusammengekommen sind.

Durch die Schönheit bestimmter Ereignisse werden wir empfänglicher für die Freude – durch Begegnungen, durch dauerhafte Freundschaften, durch künstlerisches Schaffen oder die Schönheit der Natur ... Aber diese Freude kommt auch von innen, vor allem aus der Liebe, die wir erfahren und die uns ein Glück schenkt, das uns nach und nach erfüllt.

Dann verstehen wir allmählich besser, dass Freude kein übertriebenes Gefühl ist, und auch kein Glück für uns allein, das uns in uns selbst verschließt, sondern die friedliche Gewissheit, dass das Leben einen Sinn hat. Es erlaubt uns nicht, vor den Problemen unserer Zeit davonzulaufen; ganz im Gegenteil, es macht uns immer sensibler für die Not anderer.

Wenn die Freude tief in uns verwurzelt ist, dann stärkt sie unsere Solidarität mit anderen. Sie gibt uns Kraft, Grenzen zu überwinden und auf Menschen zuzugehen, die Schweres durchleben. Es gibt uns die Ausdauer, um unser Lebensengagement durchhalten zu können.

Wenn uns bewusst wird, wie Gott jeden von uns liebt, dann finden wir neuen Mut, um unsere Freundschaft allen Menschen zu schenken, die uns anvertraut sind – vor allem den Allerärmsten. So zum Beispiel widmen viele ihr Leben Kindern, kranken Menschen, von der Gesellschaft Ausgeschlossenen oder Migranten.

Wenn unsere Kirchengemeinden, Gemeinschaften und Jugendgruppen immer mehr zu Orten der Güte und des Vertrauens werden könnten – zu Orten, an denen wir aufeinander zugehen und versuchen, uns zu verstehen, an denen wir einander beistehen und auf die Schwächsten der Gesellschaft achten, die normalerweise nicht zu unserem Freundeskreis gehören oder die ärmer sind als wir.

In dieser Woche geht ihr der Frage nach, woher die Freude kommt und worin die großen Herausforderungen unserer Zeit bestehen. Die besondere Woche für 18-35-Jährige hat bereits Tradition: Ich kann heute ankündigen, dass sie nächstes Jahr vom 25. August bis 1. September stattfindet.

Zum Schluss noch etwas, das euch alle freuen wird: Am Samstagabend wird während des gemeinsamen Gebets ein junger Bruder in die Communauté aufgenommen. Sein Name ist Yohan, er kommt aus Indonesien und wird seinen Weg in der Nachfolge Christi in unserer Communauté fortsetzen.

Eine der vielen Inseln des Archipels seines Landes wurde vor Kurzem auf von einem heftigen Erdbeben heimgesucht. In Hongkong haben wir mit den Jugendlichen während dem Treffen für die Opfer und ihre Familien gebetet. Ich möchte den Indonesiern, die gerade in Taizé sind, sagen: „Wir beten auch weiterhin für euer Land.“

Doch jetzt wird Amanda aus Südafrika zu uns sprechen:


Photo: Cédric Nisi


Guten Abend alle zusammen! Ich heiße Amanda, ich komme aus Südafrika und bin 24 Jahre alt. Meine Zeit als Freiwillige hier ist eine tolle Erfahrung und ich würde gerne auch zu Hause, in meinem Land, in diesem Frieden und dieser Gemeinschaft mit anderen zusammenleben – unabhängig von unserer Hautfarbe und unserer Sprache.

Südafrika ist ein sehr schönes Land, doch es besteht eine starke Rassentrennung, eine tiefe Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Weiß und Schwarz. Der Rassismus geht weiter – in unseren schwarzen Gemeinden werden wir unterdrückt; wir leben in kleinen Häusern und informellen Stadtteilen, ohne Privatsphäre und fast ohne Zugang zum Reichtum des Landes. Aber ich möchte auch sagen, dass es Weiße gibt, die mit uns solidarisch sind und unsere Rechte verteidigen.

Auch die Kirche steht vor Herausforderungen. Wir jungen Menschen fühlen uns oft unnütz. Wir haben den Eindruck, dass uns keine Verantwortung übertragen wird. Es gab auch Fälle, in denen die Kirche zu viel von den Gläubigen genommen hat, anstatt ihnen etwas zu geben. Darüber wurde in den Medien ausführlich berichtet.

Aber das Gute ist, dass wir in Südafrika den Problemen ins Auge sehen, weil wir alle ein faires und gerechtes Leben in Frieden suchen. Es wird viel über die Landenteignung ohne Entschädigung gesprochen und wir hoffen, dass das zu einer Veränderung führt.

Wir sind ein sehr buntes und schönes Land. Ich möchte euch heute Abend alle einladen, zum Jugendtreffen im September nächsten Jahres nach Südafrika zu kommen. Eure Teilnahme würde uns sehr viel bedeuten. Ihr könntet bereits ein paar Tage vor dem Treffen kommen und in einer Gemeinde mitleben und etwas über die Schönheit und die unterschiedlichen Kulturen in Südafrika erfahren. Herzlich Willkommen!

Letzte Aktualisierung: 8. September 2018