Wie schön, in dieser Pfingstwoche mit euch allen zusammen zu sein! Die Covid-Pandemie hat Spuren hinterlassen und viele von uns isoliert. So sind wir umso dankbarer für die Schönheit der Begegnungen.
Wir Brüder freuen uns immer wieder, dass ihr da seid – vor allem im gemeinsamen Gebet. Und wir möchten, dass alle, die in diese Versöhnungskirche kommen, spüren, dass Gott auf uns wartet.
Beten ist keine Pflicht. Es macht uns offen für die Liebe Gottes, und es bringt unsere Liebe und unsere Sehnsucht nach Liebe zum Ausdruck. Dadurch macht es uns auch für andere offen und bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Aber wenn wir Brüder euch hier in der Kirche empfangen, heißt das auch, dass ihr uns durch eure Anwesenheit und Teilnahme in unserem eigenen Gebet tragt. In der Kirche sind wir aufeinander angewiesen: Es gibt verschiedene Aufgaben und Funktionen, aber nur einen Herrn, Jesus Christus.
Ja, wir brauchen einander, damit unser Vertrauen auf Gott wachsen kann – vor allem angesichts all dessen, was uns heute bedroht: die Klimakatastrophe, das Artensterben und nun auch der Krieg in der Ukraine, der so nah bei uns stattfindet.
Mir scheint, dass das Vertrauen in die Gegenwart und die Liebe Gottes immer wichtiger sind, nicht um die Probleme zu verharmlosen, sondern ganz im Gegenteil, um sie anzugehen. Das Gebet macht uns fähig, vor den Schwierigkeiten nicht davonzulaufen.
Am ersten Pfingsten waren die Jünger Jesu im Gebet versammelt, um auf die „Kraft aus der Höhe“ zu warten. In gleicher Weise sind auch wir hier zusammen. Die vielen kleinen Kerzen von vorhin sind ein Symbol für diese tiefe Wahrheit: Der Heilige Geist erleuchtet uns von innen heraus.
Der Heilige Geist ist Liebe und inneres Licht. Er ist auch der Atem des Lebens, der immer da ist. So wie unser Atem uns leben lässt, auch ohne dass wir uns dessen bewusst sind, so schenkt uns der Heilige Geist in jedem Moment Leben, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Es besteht eine Verbindung zwischen unserem körperlichen Atmen und dem Atem Gottes in uns. Jemand sagte einmal sogar, dass unser Atem das Sakrament des Heiligen Geistes ist.
Als Atem des Lebens schenkt der Heilige Geist der ganzen Schöpfung Leben. Es macht froh zu erkennen, dass wir als Menschen mit allem, was existiert, in Verbindung stehen. Die Bibel sagt auch, dass die Schöpfung seufzt und so wie wir auf Befreiung wartet. Bemühen wir uns also umso mehr, für unseren wunderbaren Planeten Sorge zu tragen.
In all unserer Vielfalt führt der Heilige Geist uns zusammen – sowohl untereinander, als auch mit Christus. Nichts mehr kann uns von Jesus Christus trennen, nichts Böses, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, nicht einmal der Tod, und auch nicht die Sünde, wenn wir sie bekennen.
So macht der Heilige Geist uns zu Friedensstiftern und zu Schöpfern von Einheit. In unseren Familien, unter Nachbarn, am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Studium und auch in unseren Kirchen können wir aufeinander zugehen und den anderen Interesse zeigen. Vor allem aber können wir auf diejenigen zugehen, die Schweres durchmachen.
Die enorme Großzügigkeit, mit der die Millionen ukrainischer Flüchtlinge in den verschiedenen europäischen Ländern aufgenommen werden, zeigt die Bereitschaft zu Offenheit und Menschlichkeit. Wir würden uns dabei wünschen, dass diese Großzügigkeit für Menschen in Not auch den Flüchtlingen aus anderen Ländern entgegengebracht wird.
Großzügigkeit bedeutet nicht nur materielle Hilfe. Die persönliche Begegnung mit den Bedürftigen kann durch nichts ersetzt werden. Diese Erfahrung haben wir vor Kurzem wieder gemacht: Drei Brüder waren in Polen, Tschechien und der Slowakei, um ukrainische Flüchtlinge zu treffen. Die Brüder konnten auch nach Lwiw und Kiew in der Ukraine fahren. Sie haben das Material einer solidarischen Kollekte dorthin gebracht, aber sie haben auch festgestellt, dass die persönliche Begegnung genauso wichtig ist wie materielle Hilfe. Für die Menschen, die sie besucht haben, war das eine Ermutigung und ein Zeichen, dass sie nicht vergessen werden.
Eine ähnliche Erfahrung haben wir auch auf unserer Pilgerreise ins Heilige Land vor gut drei Wochen gemacht. Zusammen mit 300 Jugendlichen aus verschiedenen Ländern haben uns Christen bei sich aufgenommen. Es gibt immer weniger Christen dort, viele müssen ihr Land verlassen. Solche Besuche sind Zeichen der Solidarität, und sie sind entscheidend, damit die Menschen ihre Situation ertragen können.
Haben wir den Mut, solche Besuche in unserer eigenen Umgebung zu machen, dort, wo wir leben! Auf diese Weise erfahren wir Freude. Es ist auch eine Art, unseren Glauben an Christus zum Ausdruck zu bringen. Er ist gekommen, um die gesamte Menschheitsfamilie zu vereinen. Und es ist ein Weg, das Leben in unseren Kirchen zu erneuern.