Während der Allerheiligenferien verbrachten siebentausendfünfhundert junge Erwachsene einige Zeit in Taizé. Unter ihnen waren mehr als tausend Deutsche, dreihundertfünfzig Schweden, zweihundertfünfzig Spanier, fünfzig Belgier und kleinere Gruppen aus verschiedenen anderen Ländern.
Wie jedes Jahr sind die Franzosen in dieser Zeit des Jahres am zahlreichsten vertreten: fünftausend in den letzten Tagen und weitere siebenhundert am Wochenende des 11. Novembers. Sie kommen aus vielen Landesteilen, von der belgischen Grenze und bis aus Korsika. Zusammen mit Pfarrern und Gruppenleitern hatten auch elf französische Bischöfe die jungen Leute aus den verschiedenen Diözesen begleitet.
Während der wöchentlichen Begegnung mit den Jugendlichen nach dem Vorabendgottesdienst an Allerheiligen sagte Frère Alois: „Obwohl wir so verschieden voneinander sind, führt Christus uns in eine einzige Gemeinschaft zusammen. Wir können im Kleinen diese große Gemeinschaft erfahren, die wir an Allerheiligen feiern: die Gemeinschaft derer, die sich um Christus versammeln, und die ihm heute nachfolgen bzw. die uns vorausgegangen sind.
Frère Alois war am 27. Oktober in Assisi, wohin Papst Benedikt XVI. die Vertreter aller Weltreligionen zu einem eintägigen Pilgerweg für den Frieden eingeladen hatte. Nach seiner Rückkehr sprach er darüber zu den in Taizé versammelten Jugendlichen: „Von diesem Treffen in Assisi ergeht an jeden von uns ein Ruf, das Evangelium noch mehr durchscheinen zu lassen, indem wir uns mit unserem Leben dafür einsetzen, um uns herum den Frieden und das Vertrauen weiterzugeben. So kann die Liebe Gottes mit neuer Frische strahlen. Und durch das Leben eines jeden von uns kann die Gegenwart des Friedens Gottes in der Welt zu leuchten beginnen. Kann dieses Zeichen aus Assisi Menschen der verschiedenen Religionen helfen, in ihrer Umgebung einander tiefer zu achten und besser zu verstehen?“
Inga hilft bei der Vorbereitung des Europäischen Treffens am Ende dieses Jahres in Berlin mit. Sie schreibt: „Die Vorbereitungen laufen sehr gut; wir informieren viele Gemeinden und Menschen über das Europäische Jugendtreffen und über die Möglichkeiten, daran teilzunehmen. Jeden Tag erhalten wir mehr E-Mails von Menschen, die einen Gast aufnehmen möchten; das ist schon mal ein guter Anfang. Mir scheint, als ob diese Zeit der Vorbereitung oft eine Zeit des Kennenlernens von vielen verschiedenen Menschen ist. Einer von ihnen, David, hat uns sehr erfreut. David ist halb Australier und halb Finne und während der letzten Monate ist er mit seiner Harfe durch ganz Europa gereist. Gerade ist er auf dem Weg nach Polen. Einige Tage hat er in Berlin verbracht und mitten in der Nacht für einige Obdachlose auf der Straße Harfe gespielt...“
Europäisches Jugendtreffen in Berlin findet vom 28. Dezember bis 1. Januar 2012 statt.
Begleitet von einem Bruder der Communauté, besuchte Frère Alois vom 5. bis 14. Oktober mehrere Städte und Gegenden Rumäniens: Bukarest, Maramures, Cluj und Timisoara. Obwohl die große Mehrheit der Bevölkerung rumänisch-orthodox ist, gibt es in einigen Gegenden eine große ethnische Vielfalt. Die Bewohner stehen zueinander und verschiedene kulturelle Traditionen leben nebeneinander. Es gibt auch eine kirchliche Vielfalt. Frère Alois wurde von Verantwortlichen der verschiedenen Kirchen herzlich empfangen: von orthodoxen Metropoliten und Bischöfen, von Katholiken des lateinischen und griechisch-katholischen Ritus, von ungarischen reformierten Pfarrern. Er nahm an mehreren orthodoxen Gottesdiensten teil und traf in Gesprächen junge Menschen. Obwohl das Land zur Europäischen Union gehört, ist die wirtschaftliche Lage schwierig und die Arbeitslosigkeit sehr hoch. Viele junge Leute sehen sich gezwungen, das Land zu verlassen. Frère Alois kehrte von seinem Besuch mit der Frage zurück: Wie können wir diese Menschen unterstützen, die so mutig ausharren, um Zeugen des Glaubens in ihrem Land zu sein?
„Anfang Oktober sind zwei Brüder von Taizé aufgebrochen, um einen Monat in Chile zu verbringen. Mit ihrem Besuch wollten sie dem Pilgerweg des Vertrauens, den wir im Dezember 2010 dort erlebt haben, einen neuen Schwung verleihen. Die Brüder fanden dieses Mal ein Land vor, das von politischen und sozialen Spannungen gezeichnet war: in erster Linie von den Studentenprotesten, die Tausende junger Leute auf die Straße führten, um freien Zugang zu den Hochschulen und bessere Studienbedingungen für alle zu fordern. Darüber hinaus wurden viele soziale Forderungen gestellt, die der Familie, der Nichtdiskriminierung, der Umwelt, den Minderheiten u.a. galten. Es ist eine Zeit der berechtigten Ansprüche, aber auch bedauerlicher Gewaltakte. In dieser Zeit ist in Chile der Frühling angebrochen, der die Pflanzen und Bäume zur Blüte bringt, der Natur wieder Leben einhaucht und auch die Straßen mit Farben füllt. Die Sonne wird von Tag zu Tag stärker und führt uns in ihrer angenehmen Wärme zusammen. Ich glaube nicht, dass die Brüder zufällig in dieser „Jahreszeit der Gegensätze“ angekommen sind...“
Ein Bruder der Communauté war vom 4. bis 7. Oktober zum Weltchristenforum in Manado (Indonesien) eingeladen, das nach 2007 in Limuru (Kenia) dieses Jahr zum zweiten Mal stattgefunden hatte: „Unter den 300 Teilnehmern aus 65 Ländern waren alle Strömungen des christlichen Glaubens vertreten. Etwa die Hälfte der Teilnehmer gehörte einer der historischen Kirchen an, die andere Hälfte verschiedenen charismatischen, evangelikalen und Pfingst-Kirchen. Das Thema der Versammlung war: ‚Durch den Heiligen Geist gestärkt in Jesus Christus zusammenleben.‘ In den Kleingruppen waren alle eingeladen, ihren Glaubensweg zu schildern. Das waren ganz besondere, einzigartige Augenblicke während dieser Tage. Meine Gruppe wurde von einer Frau geleitet, welche die Vereinigung der Evangelischen Kirchen Frankreichs vertrat: alles zusammen waren wir 28 Menschen aus 24 Ländern, unter uns der Generalsekretär der Afrikanischen Bischofskonferenz und der Vertreter des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen; der eine aus Burkina Faso, der andere aus Tansania…“
Der Brief aus Taizé erscheint viermal im Jahr. Auf diesen Seiten erscheinen Texte, die mit dem Thema der letzten Ausgabe zusammenhängen, Verlangen nach Vergebung. Jedes der Zeugnisse nimmt auf einen Abschnitt des „Briefs aus Chile“ Bezug. Daniel aus Costa Rica schreibt:
In den vergangenen zwei Jahren habe ich mit mir selbst gekämpft, um mich zu entscheiden, was ich im Leben anfangen wollte. Ich traf Entscheidungen, aber es waren nicht die richtigen; und das nahm mir jede Hoffnung und Zuversicht.
Aber hier in Taizé habe ich verstanden, dass die Vergebung Christi in erster Linie bedeutete, mir selbst zu vergeben.
Ich gestand mir ein, dass ich mich geirrt hatte, und das hat mir geholfen, meine Wunden heilen zu lassen. Ich habe sogar verstanden, dass meine Fehler mir helfen konnten, denn ich begann zu entdecken, wer ich bin und was ich mit meinem Leben anfangen möchte.
Dies zu wissen, nimmt einem nicht die Angst, genauso wenig bedeutet es, dass mein Leben dadurch immer einfach sein wird, aber ich möchte auf jeden Fall dieses Risiko eingehen: die Vergebung, die von Christus kommt, hat mich zum Leben zurückgeführt.
Gott der Barmherzigkeit, wir loben dich für all die Menschen, welche durch ihr Leben Zeugen des Friedens und des Vertrauens sind. Wie sie, so rufst du auch uns dazu auf, deine Gegenwart wie arme Menschen des Evangeliums anzunehmen. Unser noch so kleiner Glaube genügt dafür.