TAIZÉ

Istanbul, Januar 2013

Der Pilgerweg an jedem Tag

 
Unmittelbar nach dem Europäischen Treffen in Rom unternahm Frère Alois mit einigen Brüdern der Communauté und einhundert Jugendlichen aus 25 Ländern vom 4. bis 6. Januar 2013 einen Pilgerweg nach Istanbul, um mit den Christen der verschiedenen Kirchen der Stadt das Fest der Erscheinung des Herrn zu feiern. Sie wurden im Besonderen von Patriarch Bartholomäus von Konstantinopel empfangen. Einer der Brüder berichtet:

Donnerstag, 3. Januar

Um 9 Uhr beginnt der Empfang der Teilnehmer in der armenisch-katholischen Johannes-Chrysostomus-Kirche in der Nähe des Taksim-Platzes im Stadtzentrum. Etwa ein Viertel der einhundert jungen Pilger sind bereits angekommen. In einem der Räume gibt es türkischen Tee und Gebäck, einen Zettel mit der Adresse der Gastfamilie sowie dem Programm des Treffens und eine Fahrkarte. In der Zwischenzeit erwartet ein anderes Team – vor allem junge afrikanische Studenten in Istanbul – die weiteren Pilger an den beiden Flughäfen der Stadt.

Um 18 Uhr treffen wir uns in der griechisch-orthodoxen Dreifaltigkeitskirche am Taksim-Platz zum Vesper-Gebet. Am Ende des Gebets in griechischer Sprache bittet uns Metropolit Germanos, der auch den Gottesdienst gefeiert hat, einige Gesänge aus Taizé zu singen. Er begrüßt uns im Namen des ökumenischen Patriarchen Bartholomäus und lädt uns zu einem einfachen gemeinsamen Abendessen ein. Am Ende der Mahlzeit holen die Familien aus Istanbul ihre jungen Gäste ab. Dort wo eine Familie verhindert war, wurden die Gäste von Jugendlichen aus Istanbul zu ihr gebracht.

Freitag, 4. Januar

Am Morgen besuchen die Pilger bedeutende Orte des Christentums in der Stadt, die Hagia Sophia und die Erlöser-Kirche in Chrora. Dort befindet sich das Fresko der Auferstehung, auf dem der tanzende Christus Adam und Eva von den Toten auferweckt.

Mittags besuchen wir das orthodoxe Kloster von Baloukli. Metropolit Gennadios erwartete uns dort. In der Kirche haben wir ein Mittagsgebet wie in Taizé. Dann spricht der Metropolit ein Gebet, segnet uns und erzählt uns etwas über das Kloster. Im Hof singen wir am Grab des Patriarchen Athenagoras, der zu seinen Lebzeiten einen tiefen Eindruck auf Frère Roger gemacht hatte. Dem Mittagessen, das die Schwestern des Klosters für uns gekocht haben, folgt ein Gespräch mit dem Metropoliten.

Am Nachmittag fahren wir zurück in die Innenstadt in die armenisch-apostolische Dreifaltigkeits-Kirche. Die armenischen Lieder lassen uns staunen, sie klingen wie ein Echo vom Berg Ararat. Bischof Sahak Mashalian und mehrere Priester erwarten uns. Der Bischof bittet uns zu singen. Dann lädt er uns in einen großen Saal ein. Wir trauen unseren Augen kaum: Der Tisch ist hergerichtet wie für eine Hochzeitsgesellschaft …

Um 20 Uhr füllt sich die armenisch-katholische Johannes-Chrysostomos-Kirche am Taksim-Platz mit jungen Pilgern, ihren Gastfamilien und anderen Christen aus der Stadt. Ein Teil der Bänke wurde entfernt und ein Teppich ausgelegt. Der Bischof erklärt uns, dass wir damit die alte Tradition der Ostkirchen haben wiederaufleben lassen, nach der man entweder stehend oder auf Matten am Boden sitzend betete. Wir singen Taizé-Gesänge auf Türkisch. Die Lesungen und Gebete werden in den verschiedenen Sprachen der Christen in der Türkei und der jungen Pilger gelesen. Frère Alois dankt den Christen der Stadt sehr herzlich. Am Ende kommen Bischöfe und Pfarrer der verschiedenen Kirchen mit Frère Alois zum Gebet zur Kreuzikone.

Samstag, 5. Januar

Um 9 Uhr früh bringt uns ein Boot zur Insel Heybeliada, auf Griechisch Halki. Dort befindet sich das Dreifaltigkeits-Kloster, in dessen Gebäuden sich das theologische Seminar befindet. Als wir die Kirche betreten, hat die Liturgie schon begonnen, die Metropolit Elpidophoros auf Griechisch und Englisch leitet. Nach dem Gottesdienst folgt ein Gebet mit der Wasserweihe. Wir werden alle damit besprengt und auch hier zum Singen eingeladen. Unter strahlender Sonne bietet sich von der Terrasse des Klosters eine großartige Aussicht über das Meer und die gegenüberliegende Küste, die schon zum asiatischen Kontinent gehört. Während des Essens erzählt uns der Metropolit über die Geschichte des Seminars und über seine Hoffnung, es vielleicht in diesem Jahr wiedereröffnen zu können.

Zurück in der Stadt feiern wir den Vespergottesdienst in der Kirche des Heiligen Georg im Phanar, dem Sitz des ökumenischen Patriarchen Bartholomäus. Dieser begrüßt uns mit Worten, die zu Herzen gehen. Wieder werden wir eingeladen zu singen, und beginnen mit „Ô toi l’au-dela de tout“, den Worten des Heiligen Gregor von Nazianz, der im vierten Jahrhundert Bischof dieser Stadt war, und dessen Reliquien nur wenige Meter von hier entfernt aufbewahrt werden. Dann segnet der Patriarch jeden einzelnen von uns mit dem gesegneten Epiphanias-Wasser und schenkt jedem einen kleinen Kreuz-Anhänger und eine kleine Ikone.

Der Patriarch lädt die Brüder danach zu sich ein und die Jugendlichen gehen in fünf verschiedene Kirchen: in eine orthodoxe Gemeinde am Bosporus, zu Jugendlichen verschiedener katholischer Riten in die Heilig-Geist-Kathedrale, zu den Fokolaren, in die Evangelisch-Lutherische Kirche, zu den Anglikanern und deren muslimischen Freunden sowie zu einer Gruppe, die sich für die Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten einsetzt.

Sonntag, 6. Januar

Die Jugendlichen nehmen an den Gottesdiensten in den Kirchen ihrer Gastgeber teil. Drei von ihnen sind eingeladen, in der syrisch-orthodoxen Gemeinde den feierlichen Gottesdienst zur Taufe Christi, Epiphanias, mitzufeiern.

Die fünf Brüder der Communauté gehen zur großen Wassersegnung und dem Gottesdienst in der Patriarchatskirche St. Georg im Phanar, den Patriarch Bartholomäus und zahlreichen Bischöfen feiern. Hunderte von Gläubigen sind an diesem Tag aus Griechenland angereist. Am Ende des Gottesdienstes kommen alle ans Ufer des Goldenen Horns, um erneut das Wasser, die Stadt und die ganze Welt zu segnen. Gemäß einer alten Tradition wirft der Patriarch ein Kreuz ins Meer und zwei Dutzend junger Männer springen ins Wasser, um es wieder herauszuholen. Der Schnellste ist ein junger Mann namens Loukas. Er bringt dem Patriarchen das Kreuz zurück, und bekommt dafür unter dem Applaus der Menge ein goldenes Kreuz überreicht.

Am letzten Tag sind die Brüder zum Essen beim Patriarchen eingeladen, der viele Fragen über die Jugendlichen hat. Er freut sich über das Kommen orthodoxer, evangelischer und katholischer Jugendlicher aus so vielen Ländern.

Letzte Aktualisierung: 21. Januar 2013