TAIZÉ

Worte von Frère Matthew

Ostern 2024 | Wagen wir es, an das Zeichen des leeren Grabes zu glauben

 

Danke, dass ihr diese Woche hier seid, um gemeinsam mit Jesus unterwegs zu sein, der sein Leben für uns alle aus Liebe hingegeben hat und der uns zeigt, dass diese Liebe stärker ist als der Tod.

Wir feiern in diesen Tagen, dass nicht einmal die Folter des Kreuzes, nicht einmal das Verlassenwerden von den engsten Freunden Jesus davon abbringen konnten, uns zu vermitteln, dass Gott jeden Menschen bedingungslos liebt und dass er denen seine Vergebung schenkt, die sie annehmen wollen.

Gestern waren wir gemeinsam in Stille am Fuß des Kreuzes, zusammen mit Maria, der Mutter Jesu, und dem Freund Jesu, Johannes. Die Gemeinschaft um Jesus war zerfallen. Judas hatte ihn verraten, Petrus ihn verleugnet. Die meisten seiner Jünger waren geflohen.

Alles, was Jesus getan hatte, um eine Gemeinschaft der Liebe aufzubauen, schien zu Ende zu gehen. Doch in der dunkelsten Stunde, inmitten der Gewalt, sehen wir, wie diese Gemeinschaft am Fuß des Kreuzes neu entsteht. Die Mutter Jesu erhält einen Sohn, den geliebten Freund von Jesus; und dieser Freund erhält eine Mutter.

Am Fuß des Kreuzes wird die Kirche geboren und nicht aus einem Triumph oder einem Sieg nach menschlicher Art. Es entsteht eine neue Gemeinschaft, wenn wir uns an die Seite derer stellen, die - oft unschuldig - leiden.

Heute leben wir in der Erwartung. Es ist der Tag einer großen Stille. In seinem ersten Brief erzählt Petrus, dass Jesus hinabgestiegen ist, um die Menschen zu besuchen, die gestorben sind, ohne ihn kennengelernt zu haben, um ihnen die gute Nachricht von seiner Liebe zu bringen.

Auf der Ikone, der wir soeben gefolgt sind, zieht Jesus Adam, den ersten Menschen, zum Licht. So kommt Jesus uns in unserer Ablehnung entgegen, um uns zu befreien und uns seinen Frieden zu schenken.

Morgen stehen wir früh auf, um den neuen Tag zu begrüßen, an welchem wir die Rückkehr Jesu ins Leben feiern. Wir hören Texte aus dem ersten Teil der Bibel, die davon erzählen, wie Gott sein Volk befreit hat.

Einige dieser Texte sind heute zwar schwer zu verstehen, aber diese Erzählungen des Exodus sagen uns etwas über die Bedeutung der Befreiung, die uns allen angeboten ist.

Wir alle sind auf Befreiung angewiesen: sei es in unserer inneren Knechtschaft, in unseren Gesellschaften oder sogar in sehr harten Situationen, in denen unser Leben, unsere Freiheit oder die Freiheit unseres Landes bedroht sind.

Diese Erzählungen zeigen uns, dass es einen besseren Ort, eine bessere Welt, ein gelobtes Land gibt. Und sie zeigen uns, dass der Weg ins gelobte Land durch die Wüste führt.

Es gibt keinen anderen Weg dorthin, als sich zusammenzuschließen und gemeinsam auf den Weg zu machen. Dann verstehen wir, wie sehr diese Geschichten über die Jahrhunderte hinweg Menschen in ihrem Kampf um Freiheit inspiriert haben.

Werden auch wir mit unserem Leben dafür kämpfen, dass unsere Menschheitsfamilie von allem befreit wird, was sie unterdrückt? Werden auch wir uns der verwundeten Schöpfung Gottes annehmen? Werden auch wir auf der Seite des Friedens und der Gerechtigkeit stehen?

Beim Europäischen Treffen in Ljubljana Anfang dieses Jahres habe ich vorgeschlagen, auf unserem Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde zu Pilgern des Friedens zu werden. Am 7. März haben wir mit Brüdern, Schwestern, Freiwilligen und Jugendlichen, die in dieser Woche in Taizé waren, einen 34 km langen Fußmarsch gemacht.

Wir haben unterwegs viermal in Dorfkirchen entlang der Route Halt gemacht, um Erfahrungsberichte von Menschen aus Gaza und Israel, Myanmar, dem Sudan und der Ukraine zu hören und für diese Menschen zu beten.

Diese Stimmen zu hören, bringt uns in gewisser Weise ihrem Leiden noch näher und drückt unseren Wunsch nach einem gerechten Frieden für ihre Länder aus. Einer unserer Brüder wird in den kommenden Wochen ins Heilige Land reisen, als Zeichen unserer Solidarität mit den Menschen, die dort zurzeit leiden.

Seid ihr bereit, zu Hause zu Pilgern des Friedens zu werden? Das bedeutet, die leidenden Menschen nicht zu vergessen. Indem wir gemeinsam mit anderen unterwegs sind und für sie beten, drücken wir eine Hoffnung auf zukünftigen Frieden in der Gerechtigkeit aus, die Christus uns verheißt. Selbst zu einigen wenigen kann dies ein starkes Zeichen sein, das den Wunsch nach einer Zukunft in Freiheit für alle zum Ausdruck bringt.

Heute Abend ist Ivanka aus der Ukraine hier: „Ivanka, was können wir tun, um die Menschen in der Ukraine zu unterstützen?“ – Ivanka: „Der Krieg ist sehr anstrengend und manche Menschen fühlen sich deprimiert; seid also für uns Ukrainer immer ein sichtbares Zeichen der Hoffnung! Bleibt uns bitte bis zum Ende treu!

Betet und sprecht nicht nur über den Frieden, sondern vergesst auch nicht die Gerechtigkeit. Sprecht offen die Wahrheit über die Verbrechen aus und scheut euch nicht, das Böse beim Namen zu nennen.“

Zum Schluss möchte ich gerne noch Folgendes sagen: Ende dieses Jahres wird das Europäische Treffen in Tallinn, der Hauptstadt Estlands, stattfinden.

„Ülle, Sie sind Diakonin aus Tallin, was erwarten Sie von dem Treffen?“ – „Wir freuen uns schon, dass ihr nach Estland kommt. Wir sind ein kleines Land mit einem großen Herzen. Kommt und helft uns, unseren jungen Menschen von Jesus zu erzählen! (Aufforderungssatz)Kommt und betet für den Frieden! Kommt und baut ein offenes, sicheres und brüderliches Europa auf!“

Jetzt geht das Gebet weiter, aber bevor wir weitersingen, kann jeder seinem Nachbarn zuflüstern: „Christus ist auferstanden!“

Und ab morgen und in den kommenden Wochen können alle ihre Schwestern und Brüder im Glauben mit diesem Gruß begrüßen. Wagen wir es, an das Zeichen des leeren Grabes zu glauben! Dann ist der Friede und die Freude des Auferstandenen mit uns allen!

Letzte Aktualisierung: 1. April 2024