TAIZÉ

Für diesen Monat

Gedanken zur Bibel

 
Mit den „Gedanken zur Bibel“ kann man mitten im Alltag, allein oder mit anderen, Gott suchen. Jeder nimmt sich mit dem vorgeschlagenen Text, dem Kommentar und den Fragen eine Zeit der Stille. Danach treffen sich alle zum Austausch. Davor oder danach kann ein gemeinsames Gebet stehen.

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2007

September

Jesaja 1,11-18: „Aufmerksamkeit für Gott, Achtung vor den Menschen“


Was soll ich mit euren vielen Schlachtopfern?, spricht der Herr. Die Widder, die ihr als Opfer verbrennt, und das Fett eurer Rinder habe ich satt; das Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke ist mir zuwider. Wenn ihr kommt, um mein Angesicht zu schauen - wer hat von euch verlangt, daß ihr meine Vorhöfe zertrampelt? Bringt mir nicht länger sinnlose Gaben, Rauchopfer, die mir ein Greuel sind. Neumond und Sabbat und Festversammlung Frevel und Feste - ertrage ich nicht. Eure Neumondfeste und Feiertage sind mir in der Seele verhaßt, sie sind mir zur Last geworden, ich bin es müde, sie zu ertragen. Wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch. Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht. Eure Hände sind voller Blut. Wascht euch, reinigt euch! Laßt ab von eurem üblen Treiben! Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun!
Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen! Kommt her, wir wollen sehen, wer von uns recht hat, spricht der Herr. Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle.
(Jesaja 1,11-18)

Der Prophet Jesaja wird zum Sprecher eines Gottes, der seinem geliebten Volk das Herz ausschüttet. Liebe und klare Worte schließen sich nicht aus. Wer sagt, was er nicht länger ertragen kann, hat es noch nicht aufgegeben, sich dem anderen anzuvertrauen.

Die Führer des Volkes und ihre Mitläufer bemühen sich um Gott in einer Art, die ihn anwidert. Ihr Gottesdienst ist unnütz, sinnlos und zerstörerisch, für Gott unerträglich, ja er haßt ihn zutiefst (den Dienst, nicht die Menschen), er hat ihn ermüdet, Gott hört nichts mehr, will nichts mehr sehen.

An der Einhaltung des Festkalenders und an der Gottesdienstgestaltung kann es nicht liegen. Der Betrieb scheint ordentlich abzulaufen. Gott geht es nicht um eine Verfeinerung der Liturgie, sondern um die Liturgen selbst. Sie wollen ihm dienen und dienen den Menschen nicht. Sie sehen nicht, daß sich Gott an das ganze Volk gebunden hat, angefangen bei den Schwächsten, den Unterdrückten und Wehrlosen. Sie zerrütten das ihnen von Gott anvertraute Volk.

So gerät ihr Gottesdienst zur blutigen Ironie. Sie sind unrein. Sie müssen umkehren, wenn sie Gott dienen wollen. Sie müssen sich waschen und reinigen. Sie müssen Gutes tun, helfen, Recht verschaffen. Denn wo Gott, der mitten in seinem Volk wohnt, recht geehrt wird, haben Unterdrückung, Willkür und Rechtlosigkeit ein Ende. Und die Menschen können ihm lobsingen, weil sie frei atmen und in ihrer Würde geachtet sind.

Wer sich politisch, gesellschaftlich verrannt hat und sich an den Schwachen und Entrechteten vergreift, hat sich von Gott entfernt. Gott aber, der wahre Souverän, lädt ihn ein, wieder herzukommen, und verheißt ein reinigendes Verzeihen, das das Blut abwäscht, das zum Himmel schreit und jede Hymne übertönt.

Was hier wortreich und dramatisch hervorbricht, kleidet Jesus nüchtern und lapidar, aber nicht weniger scharf in den Satz: Wenn Du zum Altar gehst und dir einfällt, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so laß deine Gabe liegen und gehe erst hin und versöhne dich mit deinem Bruder – dann komm und opfere deine Gabe!" (Matthäus 5,23-24).

- Wie verbinde ich den Dienst an Gott mit dem Dienst an den Menschen?

- Wie geschieht dies in meiner Kirchengemeinde?

- Wie klingen diese Worte für Leute auf dem mühsamen Weg zu einem Rechtsstaat?



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Letzte Aktualisierung: 1. April 2024