TAIZÉ

Worte von Frère Matthew

Ein Schatz in zerbrechlichen Gefässen

 
Donnerstag, 25. Juli 2024

Wir freuen uns, euch diese Woche in Taizé bei uns zu haben! Ihr kommt aus ganz verschiedenen Ländern: von Portugal bis zur Ukraine, von Estland bis Italien, aber auch aus Slowenien, Serbien und Ungarn. In Christus möchten wir uns immer gemeinsam auf den Weg machen; wir möchten einander zuhören und in der Einheit leben, die wir in ihm bereits haben.

Wir freuen uns auch über die 330 jungen Spanier unter Euch, von denen 170 aus Madrid kommen. Gestern kam Euer Erzbischof an, Kardinal José Cobo, und er wird diese Tage mit Euch hier verbringen. Es ist so schön, wenn Kirchenverantwortliche jungen Menschen zuhören. Danke, dass ihr da seid!

Heute ist das Fest des Apostels Jakobus. Heute vor vierzig Jahren war ich in Santiago de Compostela, einem diesem Heiligen geweihten Wallfahrtsort in Galicien, im Nordwesten Spaniens. Jakobus war der Patron der anglikanischen Kirchengemeinde, in der ich in England aufgewachsen bin und unser Pfarrer hatte mich gebeten, am Grab des Apostels für unsere Gemeinde zu beten.

Das hatte mich beeindruckt und mir einen Eindruck der ungeteilten Kirche vermittelt. Darin konnte ich die Schönheit der Universalität Christi sehen und die Tatsache, dass uns der Glaube seit den Aposteln bis heute überliefert wurde.

In gewisser Weise ist dieser Glaube stets zerbrechlich. Wir müssen die Gabe des Vertrauens auf Gott jeden Tag neu annehmen. Paulus hat uns im Lesungstext heute Abend gesagt, dass uns die Ereignisse um uns herum oft erschüttern. Wir tragen die Gegenwart Christi in den zerbrechlichen Gefäßen unseres Menschseins.

Aber Paulus erklärt uns, dass gerade dadurch deutlich wird, dass das Strahlen der Liebe Gottes nicht von uns ausgeht. So können wir durch den Heiligen Geist diese Liebe für andere leben. Durch unser Leben können wir das wenige, was wir vom Evangelium verstanden haben, weitergeben.

Christus nachzufolgen bedeutet nicht, im menschlichen Sinne stark zu sein. Es bedeutet, das Vertrauen anzunehmen, dass Christus, so wie wir sind, für uns da ist, damit wir Tag für Tag mit ihm auf dem Weg sein können.

Am Samstagabend, während des Abendgebets, werden wir mit Freude einen neuen Bruder in unsere Gemeinschaft aufnehmen. Er heißt Adam und kommt aus Polen. Er ist im September als Freiwilliger nach Taizé gekommen und lebt seit einem Monat bei uns Brüdern im Haus.

Adam möchte Bruder der Communauté werden, und vor ein paar Tagen fragte ich ihn, ob er bereit sei, das Gebetsgewand zu erhalten. Und er hat mit einem strahlenden Gesicht Ja gesagt; so wird er als neuer Bruder unter uns leben und die Zeit der Vorbereitung beginnen, um tiefer zu verstehen, was ein lebenslanges Engagement in unserer Gemeinschaft bedeutet.

Betet in diesen Tagen für ihn. Er bleibt hier, doch für ihn und für jeden von uns Brüdern stellt sich die gleiche Frage wie für Euch, die ihr wieder nach Hause fahrt: Wie kann ich im Alltag auf den Ruf Jesu antworten: „Komm und folge mir nach!“?

Der Heilige Geist wird uns auf diesem Weg führen, aber lest in den nächsten Wochen noch einmal den Text von heute Abend aus dem 2. Korintherbrief (4,7-14). Das kann euch helfen, den Schatz der Gegenwart Christi mitten in den Herausforderungen, die das Leben an uns stellt, anzunehmen.

Zum Schluss möchte ich noch die Gruppe begrüßen, die diese Woche aus der Ukraine gekommen ist. Euch unter uns zu haben, bedeutet uns sehr viel. Im Mai war ich mit zwei meiner Brüder in eurem Land und wir haben das Leid, aber auch den Mut eures Volkes gesehen. Wir haben Euch nicht vergessen!

Heute Abend sind Ostap und Oksana bei uns.

Ostap, was können wir tun, um euch in dieser Zeit des Krieges nahe zu sein?

„Ich danke euch für diese Gelegenheit, heute zu euch allen sprechen zu können. Ich möchte für die Unterstützung aus verschiedenen Ländern danken, von verschiedenen Gemeinschaften, von verschiedenen Menschen.

Vielen Dank an alle Brüder, Schwestern und alle Menschen, die hier in Taizé für den Frieden in der Ukraine beten.

In der Ukraine kommt es immer noch zu schrecklichen Terroranschlägen. Vor zwei Wochen wurden ein Kinderkrankenhaus in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, und mehrere Städte in der Umgebung mit russischen Raketen angegriffen. Mindestens 36 Menschen wurden getötet und mehr als 140 verletzt. Jeden Tag und auch jetzt sterben und leiden Menschen, aber wir brauchen kein Mitleid, wir brauchen Freunde, wir brauchen Menschen, die an unserer Seite stehen. Wir brauchen das Gefühl, dass wir nicht allein sind.

Seid interessiert, fragt mehr über den Krieg in der Ukraine, informiert euch. Wir brauchen Solidarität, Empathie, Gebet – denn wir spüren eure Unterstützung und eure Gebete.

Ihr könnt mit den Menschen in der Ukraine auf verschiedene Weise in Kontakt bleiben, z.B. über die sozialen Netzwerke, durch Briefe und Anrufe. Wir danken euch.“

Oksana, Sie waren Anfang des Jahres beim Europäischen Treffen in Ljubljana. Was hat Ihnen das bedeutet?

„Vor einiger Zeit, genauer gesagt in diesem Winter, hatte ich die großartige Gelegenheit, an Taize in Ljubljana teilzunehmen.

Es war eine wirklich einzigartige Erfahrung in meinem Leben. Mehrere tausend Menschen an einem Ort zum Gebet versammelt - das ist etwas Unglaubliches. Als wir uns mit den Kerzen in den Händen trafen, fühlte es sich an wie auf einem anderen Planeten, mit vielen kleinen Lichtquellen, die aus dem Herzen eines jeden kamen, etwas Erstaunliches. Ich glaube, das war der Moment, in dem ich die Gegenwart des Heiligen Geistes auf besondere Weise zwischen uns spürte, wahrscheinlich zum dritten Mal in meinem Leben. Es ist schwer zu beschreiben, man muss es fühlen.

An Ljubljana erinnere ich mich besonders wegen der Menschen, die Schwestern Daria und Marietta haben uns unglaublich herzlich empfangen.

Ich weiß, dass heute auch Menschen aus Slowenien unter uns sind. Wenn ihr die Schwestern Daria und Marietta kennt, grüßt sie bitte herzlich und danket ihnen im Namen der Ukrainer.

Ich bin Gott aufrichtig dankbar für die Gelegenheit, damals und heute nach Taize zu kommen. Ich danke euch für euer Gebet für die Ukraine. Und ich freue mich, euch in Tallinn wiederzusehen!“

Ende dieses Jahres wird unser Europäisches Treffen in Tallinn, der Hauptstadt Estlands, stattfinden. Wir wollen dort für den Frieden beten. Wir werden gemeinsam ein Zeichen der Einheit in Christus setzen und auch für ein Europa, das offen ist und in dem sich alle aufgenommen fühlen. Kommt vom 28. Dezember bis 1. Januar mit uns nach Tallin!

Kommt morgen Abend bereits um 8 Uhr in die Kirche. Wir beten jeden Freitagabend in Stille für den Frieden in den Konfliktgebieten unserer Welt. Oft wissen wir nicht, wie wir angesichts des Leids, das Menschen anderen zufügen, reagieren sollen, aber in der Stille des Gebets können wir alles vor Gott bringen. Dies weckt in uns das Verlangen, Pilger des Friedens zu sein, wo immer Gott uns hinstellt.

Danke, dass Ihr diese Woche nach Taizé gekommen seid. Gottes Segen sei mit euch allen auf eurem Weg nach Hause.

Letzte Aktualisierung: 29. Juli 2024