TAIZÉ

Aktuelles

Frère Alois beim Synodalen Weg in Frankfurt

„Es ist dir gesagt worden, Mensch, was gut ist, und was der HERR von dir erwartet: Nichts anderes als dies: Recht tun, Güte lieben und achtsam mitgehen mit unserem Gott.“ (Micha 6,8)

„Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

ja, wir sind in Christus Schwestern und Brüder, auch wenn uns in der Kirche nicht allen dieselbe Verantwortung anvertraut wurde.

Ich danke Ihnen, dass ich diesen Tag mit Ihnen verbringen durfte. In Taizé verfolgen wir den synodalen Weg von Anfang an mit. Wir fühlen uns mit der Kirche in Deutschland tief verbunden. Jedes Jahr kommen Tausende – mehrheitlich junger Menschen – aus Deutschland zu uns. Wir werden regelmäßig zu den Katholiken- und Kirchentagen eingeladen. Mehrere Europäische Jugendtreffen, die wir seit 45 Jahren durchführen, fanden in Deutschland statt – das letzte vor zweieinhalb Monaten in Rostock. Es erlaubte uns, die konkrete Situation der Kirchen im säkularisierten Nordosten Deutschlands von innen heraus kennenzulernen.

Das Wort des Propheten, das wir gelesen haben, möchten wir in Taizé ernst nehmen: „Es ist dir gesagt worden, Mensch, was gut ist, und was der Herr von dir erwartet: Nichts anderes als dies: Recht tun, Güte lieben und achtsam mitgehen mit unserem Gott.“ Gott erwartet von uns, Recht zu tun. Und wir müssen bekennen, dass wir es nicht immer getan haben. Auch unsere Gemeinschaft erschüttern Missbrauchsfälle aus der Vergangenheit , die uns herausfordern, einen Neuaufbruch zu wagen. [1] Dazu gehört, Verantwortung noch mehr untereinander zu teilen. „Recht tun“ und „Güte lieben“ – Wir möchten mit wohlwollender Güte im Umgang miteinander auch die nötigen Veränderungen in der Organisation unseres gemeinsamen Lebens angehen.

Die vielen jungen Menschen, die nach Taizé kommen, ermutigen uns. Es ist ein Geschenk, sie auf ihrer Suche begleiten zu dürfen. In unserer Zeit brechen viele Sicherheiten weg und wir stehen alle wieder vor ganz grundsätzlichen Fragen: Wofür lohnt es sich zu leben? Was gibt uns Halt? Was bewahrt uns davor, den Mut zu verlieren?

Es kommen nicht nur engagierte Christinnen und Christen nach Taizé, sondern auch viele, denen die Kirche gleichgültig geworden ist. Auch sie suchen nach einem Sinn für ihr Leben und nach einem persönlichen Engagement. Wir sind oft überrascht, welche Bedeutung Gemeinschaft für sie hat und wie selbstverständlich sie am gemeinsam gesungenen Gebet teilnehmen. Manche finden in ihm zu einem Vertrauen und manchmal sogar zu einer lebendigen Beziehung zu Gott. Wir erleben, dass der Heilige Geist im gemeinsamen Gebet sowohl innere Heilung als auch neue Offenheit füreinander bewirkt.

Diese Erfahrungen haben mich dazu ermutigt, vor zwei Jahren anlässlich der Voreröffnung der Synode zur Synodalität in Rom einen Vorschlag zu machen: Mir scheint es unverzichtbar, von Zeit zu Zeit innezuhalten. Wie können wir sonst, wie der Prophet Micha sagt, „achtsam mitgehen mit unserem Gott“? In einem synodalen Prozess werden zwangsläufig auch konträre Positionen vorgebracht. Im gemeinsamen Singen, Beten und Schweigen erfahren wir aber auch eine reale Gemeinschaft in Christus, die tiefer geht als jeder Konsens oder Dissens.

Mein Vorschlag, die Synode im Oktober mit einem solchen Moment des Innehaltens und der gemeinsamen Ausrichtung auf Christus zu beginnen, fand offene Ohren – nicht nur in Rom, sondern auch in evangelischen und orthodoxen Kirchen, Gemeinschaften und Bewegungen. So nimmt das Projekt immer mehr Gestalt an. Es steht unter dem Motto: „Together – Versammlung des Volkes Gottes“. Auftakt der Oktobersynode wird ein ökumenisches Abendgebet am 30. September auf dem Petersplatz sein, zu dem alle eingeladen sind. Papst Franziskus und Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Kirchen werden daran teilnehmen. Es wird mit Gesängen aus Taizé, Schriftlesung, Stille und Fürbitten sehr schlicht gestaltet sein – ähnlich einer „Nacht der Lichter“, wie sie bei Katholiken- und Kirchentagen sowie im Advent in vielen Kirchen Deutschlands stattfinden. Junge Erwachsene zwischen 18 und 35 Jahren sind eingeladen, nicht nur am Abendgebet teilzunehmen, sondern das ganze Wochenende in den Gemeinden und Ordensgemeinschaften von Rom zu Gast zu sein.

Papst Franziskus hat dieses ökumenische Abendgebet am 15. Januar angekündigt und bei dieser Gelegenheit gesagt: „Der Weg zur Einheit der Christen und der Weg zur synodalen Bekehrung der Kirche sind miteinander verbunden.“ Bei einer Pressekonferenz wenige Tage später betonte Pastor Christian Krieger, der Vorsitzende der Konferenz Europäischer Kirchen und des Französischen Evangelischen Kirchenbunds, wie neu es in der Ökumene ist, dass eine bestimmte Kirche vor wichtigen Entscheidungen die anderen um das Mittragen und um ihre Fürbitte ersucht.

Ich möchte Sie als Mitglieder des synodalen Wegs ganz herzlich zu dieser „Versammlung des Volkes Gottes“ einladen. Ihre Teilnahme wäre ein starkes Zeichen dafür, dass wir aufeinander angewiesen sind. Ich weiß, wie voll Ihre Terminkalender sind und dass angesichts all der drängenden Probleme in der Kirche und auf der Welt ein Pilgerweg nach Rom und ein gemeinsames Abendgebet belanglos erscheinen können. Aber vielleicht brauchen wir gerade das, was keinem unmittelbaren Zweck dient, um uns dem Unverfügbaren zu öffnen. Wer weiß! Der Heilige Geist könnte uns überraschen.

Möge Gott die enorme Arbeit segnen, die Sie auf dem synodalen Weg geleistet haben. So möchte ich Sie jetzt einladen, in der Gegenwart Gottes durchzuatmen und ein paar Minuten gemeinsam Stille zu halten.

Ich würde mich von Herzen freuen, wenn Sie meine Einladung annehmen und wir uns in Rom sehen.“


[1] „Unter den Opfern von sexuellem und geistlichem Missbrauch in der Kirche sind auch Menschen, die von Brüdern unserer Gemeinschaft missbraucht wurden. Auf der Versammlung das Synodalen Wegs in Frankfurt hat mir die Anwesenheit des Betroffenenbeirats einmal mehr gezeigt, dass das Wort der Betroffenen im Mittelpunkt stehen muss. Ohne ihr Zeugnis hätten auch wir in Taizé nicht erkannt, welches Leid diese Taten hinterlassen. Wir sind ihnen dankbar, dass sie den Mut haben, darüber zu sprechen. Ich möchte dies hier noch einmal betonen, weil es in meinem Beitrag nicht deutlich genug zum Ausdruck kam.“

Jeder Übergriff – sei es gegen eine minderjährige oder volljährige Person, durch einen Bruder der Communauté, der seine moralische Autorität missbraucht hat, oder durch eine andere Person, und unabhängig davon, wie lange der Vorfall zurückliegt – kann entweder unter der E-Mail-Adresse gemeldet werden, bei einer Opfervereinigung oder unter einer nationalen Telefonnummer. Kontaktdaten sind auf der Internetseite angegeben.

Bild: Synodaler Weg / Maximilian von Lachner

Frère Alois zu Audienz bei Papst Franziskus

Wenige Tage vor dem zehnten Jahrestag seines Pontifikats empfing Papst Franziskus Frère Alois am Donnerstagmorgen, den 9. März, im Apostolischen Palast in Privataudienz. Sie sprachen insbesondere über die Vorbereitung der Veranstaltung Together | Versammlung des Volkes Gottes, die am 30. September in Rom, am Vorabend der Synodenversammlung der katholischen Kirche, stattfinden wird.

Die nächste Etappe der Vorbereitung dieses noch nie dagewesenen ökumenischen Ereignisses, an dem bereits rund 60 Kirchen, Gemeinschaften und Bewegungen mit unterschiedlichem konfessionellem Hintergrund beteiligt sind, wird vom 12. bis 15. März in Rom stattfinden. Als Papst Franziskus am 15. Januar dieses Jahres das Ereignis ankündigte, lud er „die Brüder und Schwestern aller christlichen Konfessionen ein, an dieser Versammlung des Volkes Gottes teilzunehmen“ (vollständige Worte hier).

Auf dem Weg nach Rom besuchte Frère Alois am Montag, den 6. März, den Generalsekretär des Weltkirchenrats, Pfarrer Jerry Pillay, und die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes, Pastorin Anne Burghardt, in Genf. Begleitet wurde er von etwa 60 Jugendlichen, die derzeit als Freiwillige in Taizé mitleben.

Am Freitagabend, den 12. März, wird Frère Alois in Frankfurt im Rahmen der fünften und letzten Versammlung des Synodalen Wegs in Deutschland eine Meditation halten, die ihm die Gelegenheit geben wird, die geistliche Dimension des synodalen Prozesses hervorzuheben.

Pressekontakt

Für weitere Informationen zur Versammlung „Together“.
Für weitere Informationen über die Communauté von Taizé.


Foto: (C) Vatican Media

Bruderrat 2023: Gebet von Frère Alois

Vom 30. Januar bis 4. Februar kamen die Brüder der Communauté zu ihrem jährlichen Bruderrat zusammen. Hier das Abschlussgebet von Frère Alois am Samstagabend, dem 4. Februar.

Gelobt seist du, ewiger Gott! Du rufst uns auf, Jesus Christus nachzufolgen. Und du möchtest, dass wir durch unser brüderliches Leben ein Gleichnis jener Gemeinschaft sind, die Christus der ganzen Menschheit gebracht hat.

Wir vertrauen dir unsere Gespräche während dieser Tage über die Güte an, die so grundlegend für unser gemeinsames Leben ist, über die Mitverantwortung und die Zusammenarbeit untereinander, über unser Bemühen, den Kreis unserer Freundschaft zu erweitern, um auf diese Weise nach einem neuen Antlitz der Kirche zu suchen. Wir bitten dich: Schenke uns ein Herz, das sich verfügbar macht, damit dieser Austausch Früchte trägt.

Wir danken dir für unsere Brüder in den Fraternitäten an anderen Orten auf der Welt, die in den unterschiedlichsten Situationen eine Gegenwart des Evangeliums verwirklichen. Zeige uns, wie sich unsere Fraternitäten in einer sich verändernden Welt zusammen mit unserer Communauté weiterentwickeln können.

Zeige uns, wie wir noch besser auf die Stimme deines Heiligen Geistes hören können, in uns selbst und in unserem gemeinsamen Leben. Stärke unseren Glauben an seine Gegenwart und Kraft, die unsere Berufung immer wieder neu belebt. Er ist eine nie versiegende Quelle. Hilf uns, aus dieser Quelle mutige Entscheidungen zu schöpfen, um das Vermächtnis, das unserer Communauté übertragen wurde, immer wieder neu zu leben. Wir möchten so sehr eine gemeinsame Schöpfung verwirklichen, die von allen Brüdern mitgetragen wird.

Dein Heiliger Geist hilft uns, dass wir einander immer aufmerksamer zuhören. Du hast uns dies in den vergangenen Tagen erfahren lassen. Im gegenseitigen Zuhören lässt du neue Erkenntnisse entstehen und schenkst den Mut, diese in die Tat umzusetzen.

Wir vertrauen dir alles an, was wir in diesem Jahr als Gemeinschaft tun werden – im Vertrauen, dass du uns in die Zukunft führst, so wie du es bisher getan hast. Bewahre uns in der Freude und in einem Geist der Selbstlosigkeit.

Wir vertrauen dir die ganze Kirche an, das Projekt „Together – Versammlung des Volkes Gottes“, die Reisen der Brüder, um junge Menschen auf den verschiedenen Kontinenten zu besuchen, die Treffen in Taizé, in Ljubljana und anderswo, sowie all das, was unsere Brüder in den Fraternitäten an pastoraler Arbeit tun.

Und wir vertrauen dir inständig auch all jene an, die mit tiefen Wunden leben, die Opfer des Kriegs in der Ukraine und an anderen Orten auf der Welt, die Opfer von sexueller Gewalt und geistlichen Übergriffen, die Migranten, die unter dem Klimawandel leiden, die Kranken und alle, die in unserer Gesellschaft vergessen werden.

Liebender Gott, in Christus schenkst du uns eine lebendige Hoffnung. Mach uns zu seinen treuen Zeugen.


Gebetswoche für die Einheit der Christen

Aus Anlass der Gebetswoche für die Einheit der Christen vom 18. bis 25. Januar findet das Abendgebet am Mittwoch, den 18. Januar bereits um 18 Uhr statt, gefolgt von einem kleinen Imbiss.

Zuvor werden zwei Brüder ab 17.15 Uhr in Raum 15 über die geplante „Versammlung des Volkes Gottes – Together“ berichten, über die Näheres während der diesjährigen Gebetswoche bekannt gegeben wird.

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(Foto: Cedric Nisi)

Zum Tod von Papst emeritus Benedikt XVI.

Am heutigen 31. Dezember 2022 erreichte die Brüder und die Teilnehmer des Europäischen Treffens in Rostock die Nachricht, dass Papst emeritus Benedikt in das Leben der Ewigkeit eingetreten ist. Frère Alois sprach zu Beginn des Gebets einige Worte des Andenkens und lud alle Anwesenden zu einem Moment der Stille ein. Hier einige Erinnerungen von Frère Alois an seine Beziehung zu Taizé:
Der Tod von Papst emeritus Benedikt XVI. berührt uns in Taizé. Seit über einem halben Jahrhundert stand er mit unsere Communauté in Verbindung. Joseph Ratzinger und Frère Roger hatten sich bereits beim Zweiten Vatikanischen Konzil kennengelernt, an dem der eine als theologischer Berater und der andere als Beobachter teilnahm.
 
Ich selbst erinnere mich, wie ich mit Frère Roger bei einem Jugendtreffen, das wir in München vorbereitet hatten, beim dem angesehenen Theologen und Erzbischof von München wohnte. Er hatte uns sehr herzlich im Bischofshaus aufgenommen.
 
Als Frère Roger später jedes Jahr Papst Johannes Paul II. in Rom traf, besuchte er oft auch Kardinal Ratzinger, den damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, um mit ihm zu sprechen.
 
Der letzte Brief, den Frère Roger drei Tage vor seiner Ermordung schrieb, war an den neugewählten Papst Benedikt XVI. gerichtet. Frère Roger teilte ihm mit, dass er aufgrund seines hohen Alters nicht zum Weltjugendtag nach Köln kommen könne, dass er ihn aber so bald wie möglich in Rom aufsuchen wolle. Der Papst hatte diesen Brief bei der Generalaudienz am Mittwoch danach in Händen, als er mit Trauer den tragischen Tod des Gründers unserer Communauté bekanntgab. Er schätzte Frère Roger sehr und schrieb fünf Jahre nach dessen Tod: „Möge uns sein Zeugnis einer Ökumene der Heiligkeit auf unserem Weg zur Einheit inspirieren.“
 
Ich selbst bin sehr dankbar dafür, wie Benedikt XVI. mich einige Monate nach dem Beginn meines Dienstes als Prior der Communauté empfang. Im Jahr 2005 waren sowohl Johannes Paul II. als auch Frère Roger gestorben. Wie sollt die Beziehung unserer Communauté zum Papst weitergehen? Von der ersten Audienz an war mir klar, dass er uns vertraute und ich ihn jedes Jahr besuchen konnte. Er sagte mir: „In Taizé habt ihr die Gesänge und die Stille, ihr geht mit den Jugendlichen zum Wesentlichen, zu einer persönlichen Beziehung mit Gott.“ Das war für beide von uns etwas sehr Wichtiges.
 
Die Beziehung zu ihm fand ihren Höhepunkt in dem Gebet, das am 29. Dezember 2012 während unseres Europäischen Jugendtreffens in Rom in seiner Gegenwart stattfand. Vor Tausenden von Jugendlichen auf dem Petersplatz sagte Benedikt XVI. unter anderem: „Ich versichere euch, dass die katholischen Kirche auch weiterhin unwiderruflich nach Wegen der Versöhnung suchen wird, um zur sichtbaren Einheit der Christen zu gelangen.“
 
Wenige Wochen später trat er zurück. Es war mir ein Anliegen, ihn im darauffolgenden Jahr zu besuchen, um ihm für die unerschütterliche Unterstützung zu danken, die er unserer Communauté und ihrer Berufung stets gewährt hat.



Foto: (C) Servizio Fotografico dell’Osservatore Romano | Vatican Media