Lieber Frère Matthew,
liebe Mitglieder der Communauté von Taizé,
liebe Brüder und Schwestern in Christus,
Mit Freude trete ich in die Fußstapfen der großen Persönlichkeiten der Ökumene, die in der Communauté von Taizé eine einzigartige Quelle der Inspiration gefunden haben, indem sie das Geheimnis der Versöhnung zu einer eigenen geistlichen Übung machten. Wenn wir auf die Jahrzehnte der Ordination und das beispielhafte Zeugnis eurer ökumenischen Berufung zurückblicken, können wir uns nur freuen, dass die geistlichen Charismen, die euer Gründer Frère Roger, seligen Angedenkens, gesät hat, weiter reifen und keimen.
Auch heute, inmitten dieses olympischen Sommers, hören wir auf die Botschaft des Evangeliums. Oft haben die heiligen Väter, die Lehrer unseres Glaubens, wie die Anachoreten, die sich auf den Weg in die Wüste machten, den geistlichen Kampf des christlichen Lebens mit den Spielen im Zirkus verglichen. Unsere Askese ist eine ständige Übung im Verzicht auf die Leidenschaften, die uns von Gott entfernen. Unsere Seele ist das Stadion, in dem dieser tragische Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Finsternis, Leben und Tod ausgetragen wird. Bereits in den ersten Jahrhunderten des Christentums wurde im Buch Didachea auf diese beiden Wege hingewiesen. Dort heißt es: „Sei vielmehr sanftmütig, denn die Sanftmütigen werden das Land erben. Sei geduldig, barmherzig, ohne Bosheit, friedlich, gütig und höre die Worte mit Zittern. Du wirst dich nicht selbst erhöhen, noch wirst du deine Seele der Vermessenheit preisgeben. Deine Seele wird sich nicht den Stolzen anschließen, sondern du wirst Umgang haben mit gerechten und demütigen Menschen. Du wirst, was dir widerfährt, als etwas Gutes annehmen und wissen, dass nichts ohne Gott geschieht.“ (Abs. 3)
Christen sind Kämpfer des Glaubens. Sie haben eine Salbung erhalten, die sie darauf vorbereitet, in die Arena zu treten. Aber eure Medaille ist nicht von dieser Welt. Der ersehnte Preis ist der Herr selbst, in dem sich die Wirklichkeit des himmlischen Königreichs entfaltet. Die Heiligen sind eure Helden. Sie haben die Ziellinie in einem Rennen überquert, in dem es weder einen Ersten noch einen Letzten gibt, denn das Opfer wird zum Maßstab, an dem die vollbrachte Leistung gemessen wird.
Hier in der schönen und bereits seit langem bestehenden Communauté von Taizé besteht Eure Disziplin darin, unaufhörlich nach der Einheit zu suchen, die sich immer weiter vertieft. Der Dialog ist dabei ein Instrument, das Ihr in eurem ökumenischen Kontext umsichtig und richtig beherrschen müsst. Unser Herr Jesus Christus hat darum gebetet, dass wir eins seien, so wie er und der Vater eins sind. Dieses Gebet bleibt ein dringender Appell an jeden Einzelnen von uns. Die Einheit, die wir anstreben, beschränkt sich nicht auf die Einheitlichkeit von Riten oder Traditionen, sondern liegt in der Liebe, dem gegenseitigen Verständnis und dem Geist der Versöhnung.
Wir leben in einer Welt, die von Spaltung und Konflikt geprägt ist. Dennoch sind wir als Nachfolger Christi dazu berufen, Frieden zu stiften und Brücken der Einheit zu bauen. Hier in Taizé werden wir durch das Beispiel der Versöhnung und der geschwisterlichen Gemeinschaft inspiriert. Euer Engagement, gemeinsam zu beten, gemeinsam zu leben und gemeinsam zu dienen, ist ein Vorbild für die ganze Welt. Erinnern wir uns an die Worte des Apostels Paulus an die Epheser: "Bemüht euch, die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens zu wahren." (Epheser 4,3). Diese Aufgabe erfordert unsere tägliche Hingabe und unseren Glauben an Gottes verändernde Liebe.
Möge unsere Zeit hier in Taizé unser Engagement für die Einheit und die Gemeinschaft stärken. Mögen wir stets vom Heiligen Geist geleitet werden, um auf dem Weg der christlichen Einheit voranzugehen, nicht nur in Worten, sondern auch in Tat und Gebet.
Der Friede Christi sei mit Euch allen. Vielen Dank für Eure Gastfreundschaft!