TAIZÉ

Gedanken von Frère Matthew

Ein Hauch von Frühling in Taizé

 
Donnerstag, 15. Februar 2024

Es ist eine große Freude, euch alle in dieser Woche so zahlreich unter uns zu haben. Viele von euch haben eine lange Reise aus Portugal hinter sich. Ihr holt uns aus dem Winter und bringt uns die Wärme des Südens. So wird es in unseren nördlichen Ländern schneller Frühling! Ihr gehört zu den Ersten, die uns in diesem Jahr besuchen und bereitet uns damit auf die Oster- und Sommertreffen vor. Danke, dass ihr gekommen seid, und danke auch euren Betreuern und Lehrern, die euch in ihrer Freizeit begleiten. Danke auch an Don Antonio, den Bischof von Aveiro, dass er in diesen Tagen bei uns ist.

Ich weiß noch, wie ich das erste Mal nach Portugal fuhr. Ich war gerade 18 Jahre alt und mit einem Schulfreund in Santiago de Compostela gewesen. Wir kamen Ende Juli nach Porto. Aber wir hatten uns verfahren und wussten nicht, wo die Jugendherberge war, in der wir übernachten wollten. Wir sprachen einen Passanten an, aber wir fanden keine gemeinsame Sprache. Also rief dieser Passant einen anderen herbei, der wiederum andere herbeirief. Schließlich waren wir von einem Dutzend Menschen umgeben, die uns weiterhelfen wollten. Ich habe die Freundlichkeit und den guten Willen dieser Fremden gegenüber zwei verloren gegangenen englischen Jungen nie vergessen. Das war meine erste Erfahrung mit Portugal, und ich weiß, dass ihr diesen tiefen Sinn der Gastfreundschaft noch immer in euch tragt.

Viele von euch haben im vergangenen Sommer an den Weltjugendtagen in Lissabon teilgenommen oder Teilnehmer bei sich aufgenommen. Unsere Brüder waren auch dort und wir haben nur Gutes von diesem Ereignis gehört, das so vielen jungen Menschen aus der ganzen Welt die Möglichkeit gab, ihren Glauben an Christus zu vertiefen und sich gegenseitig zu unterstützen. Und wer könnte vergessen, wie Papst Franziskus aufrief, dass es für „alle, alle, alle“ einen Platz in der Kirche geben müsse!

Bei eurer Ankunft in Taizé habt ihr den Brief für dieses Jahr erhalten, der den Titel „Gemeinsam auf dem Weg“ trägt. Unseren Glauben allein im Alltag zu leben ist oft nicht leicht: Wir sind aufeinander angewiesen. In dieser Woche habt ihr einander zugehört und miteinander gesprochen. Hat dies einigen von euch geholfen, etwas besser zu verstehen, was es bedeutet, Gott zu vertrauen und den anderen zu vertrauen?

Manche bleiben länger als eine Woche in Taizé. Heute Abend ist Marjorie aus Brasilien unter uns: Marjorie, was bedeutet es für dich, als Freiwillige in Taizé mitzuleben? Was ist für dich das Wichtigste hier?

Marjorie: Der wichtigste Moment während meiner Zeit als Freiwillige war für mich, zu entdecken und wirklich zu spüren, dass Gott mich liebt, so wie ich bin. In Brasilien bin ich in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der ein großer Druck herrscht, etwas zu besitzen und beruflichen Erfolg zu haben. Deshalb dachte ich, dass ich nur dann jemand bin und die Leute mich irgendwie mögen, wenn ich einen gewissen Status habe, indem ich etwas leiste.
 
Als ich nach Taizé kam, wollte ich eigentlich nur eine Woche bleiben. Ich hatte keine Vorstellung vom Leben hier in der Gemeinschaft. Doch obwohl ich nicht viel verstand, verspürte ich nach einigen Tagen den Wunsch, länger als Freiwillige hierzubleiben.
 
Ich hatte vorher noch nie in einer Gemeinschaft gelebt, aber ich fühlte mich schnell akzeptiert. Ich hatte das Gefühl, keine Normen erfüllen zu müssen. Ich fühlte mich frei. Die Gebete in der Kirche, das persönliche Gebet, die Gespräche während des Tages waren kostbar. Oft entstehen die tiefsten und unerwartetsten Gespräche bei ganz einfachen Tätigkeiten: beim Abwaschen, beim Saubermachen der Toiletten oder wenn ich im Oyak Crêpes verkaufe. Und in diesem Kontakt mit anderen, mit der Arbeit und mit mir selbst erkannte ich meine Beziehung zu Gott und diese tiefe Liebe, die von ihm ausgeht, und das hat etwas in mir verändert. Dank dieser Liebe fühle ich mich heute, auch mit meiner Angst und Unsicherheit, freier, ich selbst zu sein. Ich versuche, den Weg zu finden, der für mich wirklich Sinn macht.

Die meisten von euch fahren bald wieder nach Hause. Wie werdet ihr euren Weg zu Hause fortsetzen? Könntet ihr euch in den verbleibenden Tagen hier in Taizé die Frage stellen: "Was habe ich in dieser Woche entdeckt?" Wenn ihr dann betet, bittet Gott ganz einfach, euch zu zeigen, wie ihr das in eurem täglichen Leben umsetzen könnt. Das ist nicht einfach, aber der Heilige Geist kann euch die Kraft und den Mut geben, diese Entdeckung zu vertiefen.

In der heutigen Lesung sagte Jesus diese erstaunlichen Worte zu uns: „Wer sein Leben um meinetwillen hingibt, wird es retten.“ (Lukas 9,24) Es geht nicht darum, sich an eine Erfahrung zu klammern und sie festzuhalten versuchen, sondern darum, uns mit unseren Erfahrungen Christus zuzuwenden, damit er unser Leben verändern kann. In gewissem Sinne müssen wir den Namen Taizé vergessen, damit diese Veränderung geschehen kann. Der Alltag in der Familie, in der Schule, im Studium oder bei der Arbeit ist nicht einfach, aber sind wir bereit, unser Leben zu wagen und Christus zu folgen? Könntet ihr diese Frage in der Fastenzeit im Herzen bewahren?

Kommt morgen Abend um 20 Uhr zu einem stillen Gebet für den Frieden in die Kirche. Es gibt so viel Gewalt in unserer Gesellschaft und in der Welt. Unschuldige Menschen leiden unter dem Unrecht des Krieges. Denken wir an die Menschen in der Ukraine, in Gaza, in Myanmar ... an die Geiseln und ihre Familien. – Ein dauerhafter Frieden ist ohne Gerechtigkeit für alle, insbesondere für die Leidenden, nicht möglich. Angesichts dieser Situationen wissen wir oft nicht, was wir tun sollen, aber die Stille vor Gott kann ein Zeichen der Solidarität mit diesen Menschen sein, und ein Zeichen dafür, dass wir unser Leben für sie hingeben wollen. Und wer weiß, vielleicht erfahren wir in dieser Stille etwas, das uns anspornt, diese Solidarität umzusetzen und Pilger des Friedens zu werden.


Letzte Aktualisierung: 16. Februar 2024