TAIZÉ

Pressemitteilung

45.000 Jugendliche beten auf dem Petersplatz zusammen mit Papst Benedikt XVI.

 
Am zweiten Tag des Europäischen Jugendtreffens in Rom, das die Communauté von Taizé vom 28. Dezember bis zum 2. Januar 2013 in der italienischen Hauptstadt organisiert, versammelten sich 45.000 Jugendliche – orthodoxe, evangelische und katholische Christen – auf dem Petersplatz, um gemeinsam mit Papst Benedikt XVI. zu beten. Im Laufe des Nachmittags füllten die Jugendlichen nach und nach den riesigen Platz des Vatikan. Um 18 Uhr begann das gemeinsame Abendgebet mit Gesängen aus Taizé, einer Schriftlesung und einer langen Zeit der Stille. Kurz darauf erstrahlte der Platz unter dem gerade aufgehenden Vollmond im Schein von Zehntausenden von Kerzen, die die Teilnehmer als Zeichen der Auferstehung in den Händen hielten. In einer sehr gesammelten und meditativen Atmosphäre hörten die Jugendlichen dann die Grußworte von Frère Alois an Benedikt XVI. sowie im Anschluss daran die Botschaft des Papstes, die er in fünf Sprachen hielt.


Grußwort von Frère Alois, Prior der Communauté von Taizé

Heiliger Vater,
 
heute befinden wir uns auf einer wichtige Etappe unseres „Pilgerwegs des Vertrauens auf der Erde". Wir sind aus ganz Europa, von den anderen Kontinenten sowie aus verschiedenen Konfessionen zusammengekommen. Was uns verbindet ist stärker als das, was uns trennt: Die eine Taufe und das selbe Wort Gottes vereinen uns. Wir sind heute Abend hier, um diese Einheit zusammen mit Ihnen zu feiern, eine Einheit, die Wirklichkeit ist, auch wenn sie noch nicht vollkommen verwirklicht ist. Sie wird tiefer, wenn wir uns gemeinsam Christus zuwenden.
 
Frère Roger hat unserer Communauté als Vermächtnis seinen Wunsch hinterlassen, das Evangelium besonders den jungen Menschen weiterzugeben. Er war sich zutiefst bewusst, dass die Spaltungen der Christen ein Hindernis für die Weitergabe des Glaubens darstellen. Er hat Wege der Versöhnung aufgetan, die wir noch nicht vollkommen erkundet haben. Sein Zeugnis inspiriert sehr viele Menschen, die mit ihrem Leben die Versöhnung vorwegnehmen und bereits als versöhnte Menschen leben möchten.
 
Versöhnte Christen können zu Zeugen des Friedens und der Gemeinschaft werden, zu Trägern einer neuen Solidarität unter den Menschen.
 
Die Suche nach einer persönlichen Beziehung mit Gott ist die Grundlage für diesen Weg. Die Ökumene des Gebets möchte keine oberflächliche Toleranz fördern, sondern ein gegenseitiges Zuhören und einen wahren Dialog, der viel von uns verlangt.
 
Wie könnten wir vergessen, wenn wir heute Abend hier beten, dass der letzte Brief, den Frère Roger kurz vor seinem gewaltsamen Tod schrieb, an Sie, Heiliger Vater, gerichtet war, um Ihnen zu sagen, dass unsere Communauté ihren Weg in Gemeinschaft mit Ihnen gehen will? Wie könnten wir vergessen, dass nach seinem tragischen Tod Ihre Unterstützung für uns von unschätzbarem Wert war und wie sehr sie uns ermutigt hat, unseren Weg weiter zu gehen. So möchte ich noch einmal die tiefe Zuneigung unseres Herzens zum Ausdruck bringen, die wir für Sie persönlich und für Ihr Dienstamt empfinden.
 
Zum Schluss möchte ich das Zeugnis der Hoffnung der vielen jungen Afrikaner überbringen, mit denen wir vor einem Monat in Kigali, in Ruanda, zusammengekommen waren. Sie kamen aus 35 Ländern, unter anderem aus dem Kongo und aus Nord-Kivu, um einen Pilgerweg der Versöhnung und des Friedens zu beschreiten. Die große Vitalität dieser jungen Christen ist eine Verheißung für die Zukunft der Kirche.
 
Diese jungen Afrikaner haben uns gebeten, als Zeichen ihrer Hoffnung Sorgho-Samen nach Europa mitzunehmen und ihn hier zu säen. Darf ich mir erlauben, Heiliger Vater, Ihnen im Namen der jungen Afrikaner einen kleinen traditionellen ruandischen Korb – „agaseke“ genannt – zu überreichen, der eine Handvoll dieser Samenkörner der Hoffnung aus Afrika enthält? Vielleicht kann dieser Samen in den Vatikanischen Gärten gesät werden und dort blühen?

Papst Benedikt XVI. an die Teilnehmer des 35. Europäischen Jugendtreffens

Danke, lieber Frère Alois, für Ihre freundlichen und liebevollen Worte. Liebe Jugendliche, liebe Pilger des Vertrauens: Willkommen in Rom!
 
Ihr seid sehr zahlreich aus ganz Europa und von den anderen Kontinenten nach Rom gekommen, um an den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus zu beten, die beide in dieser Stadt ihr Blut für Christus vergossen haben. Der Glaube, der diese beiden großen Apostel Jesu bewegt hat, ist der gleiche, der auch euch bewogen hat aufzubrechen. Im kommenden Jahr wollt ihr nach Wegen suchen, die Quellen des Vertrauens auf Gott freizulegen, um im Alltag aus diesem Vertrauen zu leben. Ich freue mich, dass ihr damit auf die Absicht eingeht, die hinter dem Jahr des Glaubens steht, das im Oktober begonnen hat.
 
Es ist das vierte Mal, dass ihr zu einem Europäischen Jugendtreffen nach Rom kommt. Aus diesem Anlass möchte ich die Worte meines Vorgängers, des seligen Johannes Paul II., wiederholen, der zu den Jugendlichen anlässlich des dritten Treffens in Rom gesagt hatte: „Der Papst fühlt sich mit euch auf diesem Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde tief verbunden. Auch ich bin dazu berufen, Pilger des Vertrauens im Namen Christi zu sein.“
 
Vor etwas mehr als 70 Jahren rief Frère Roger die „Communauté von Taizé“ ins Leben. Nach wie vor wird sie von Tausenden junger Menschen aus der ganzen Welt aufgesucht, die nach einem Sinn für ihr Leben suchen. Die Brüder nehmen sie in ihr Gebet mit hinein und geben ihnen die Gelegenheit, die Erfahrung einer persönlichen Beziehung mit Gott zu machen. Aus diesem Grund und um die Jugendlichen auf ihrem Weg zu Christus zu unterstützen, hatte Frère Roger die Idee, einen „Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde“ zu beginnen.
 
Als unermüdlicher Zeuge des Evangeliums des Friedens und der Versöhnung und vom Feuer einer Ökumene der Heiligkeit bewohnt, hat Frère Roger alle, die nach Taizé kamen, dazu ermutigt, nach Gemeinschaft zu suchen. Ich habe bereits am Tag nach seinem Tod gesagt: „Wir sollten mit dem Herzen auf seinen geistlich gelebten Ökumenismus hören und uns durch sein Zeugnis einer verinnerlichten und geistlich gelebten Ökumene führen lassen.“ Werdet alle zu Trägern dieser Botschaft der Einheit, indem ihr seinem Beispiel folgt. Ich versichere euch des unwiderruflichen Einsatzes der Katholischen Kirche, auch weiterhin nach Wegen der Versöhnung zu suchen, die zur sichtbaren Einheit der Christen führen. So möchte ich heute Abend besonders liebevoll die Orthodoxen und Evangelischen unter euch begrüßen.
 
Heute stellt Christus euch die Frage, die er an seinen Jüngern gerichtet hat: „Wer bin ich für euch?“ Auf diese Frage hat Petrus, an dessen Grab wir uns hier befinden, geantwortet: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Matthäus 16,15-16). Und sein ganzes Leben wurde zu einer konkreten Antwort auf diese Frage. Christus möchte auch von jedem von euch eine Antwort, die nicht aus Zwang oder Angst kommt, sondern aus eurer tiefen Freiheit. In der Antwort auf diese Frage findet euer Leben seinen tiefsten Sinn. Der Text des Johannesbriefs, den wir gerade gehört haben, fasst in großer Einfachheit zusammen, wie man auf diese Frage eine kurze Antwort geben kann: „An den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben.“ (1 Johannes 3,23) . Zu glauben und Gott und einander zu lieben! Was könnte spannender sein? Was könnte schöner sein?
 
Könntet ihr in diesen Tagen in Rom das Ja Christi in euren Herzen aufsteigen lassen. Besonders wertvoll sind dabei die langen Momente des Schweigens, die in euren gemeinsamen Gebeten nach dem Hören auf das Wort Gottes einen so zentralen Platz einnehmen. Dieses Wort ist, wie der zweite Petrusbrief sagt, wie „ein Licht, das an einem finsteren Ort scheint“ und ihr tut gut daran, auf dieses Wort zu schauen „bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in eurem Herzen“ (2 Petrus 1,19). Ihr habt verstanden: Wenn der Morgenstern in eurem Herzen aufgehen soll, heißt das, dass er nicht schon immer dort war. Manchmal stiften das Böse und das Leiden unschuldiger Menschen in euch Zweifel und Verwirrung. Und dann wird es schwer, Christus Ja zu sagen. Aber dieser Zweifel macht euch nicht zu Ungläubigen! Jesus hat den Mann im Evangelium nicht abgewiesen, der ausrief: „Ich glaube! Hilf meinem Unglauben!“ (Markus 9,24).
 
Gott lässt euch nicht allein noch auf euch selbst gestellt, damit ihr in diesem Ringen um Vertrauen in ihn durchhaltet. Er schenkt uns allen die Freude und die Stärkung der Gemeinschaft der Kirche.
 
Während eures Aufenthalts in Rom macht ihr vor allem dank der großherzigen Gastfreundschaft vieler Pfarreien und Ordensgemeinschaften eine neue Erfahrung von Kirche. Wenn ihr wieder nach Hause in eure Länder zurückgekehrt seid, werdet ihr die Entdeckung machen, dass Gott euch durch all die verschiedenen Berufungen Mitverantwortung gibt für seine Kirche. Diese Gemeinschaft, die den Leib Christi bildet, braucht euch, und ihr habt darin euren Platz. Von euren Begabungen her, von dem, was jeder als besondere Gabe besitzt, formt der Heilige Geist das Geheimnis der Gemeinschaft, die Gemeinschaft der Kirche, und gibt ihr Leben, um der Welt von heute die gute Nachricht des Evangeliums zu bringen.
 
Neben dem Schweigen hat der Gesang einen wichtigen Platz in euren gemeinsamen Gebeten. Die Gesänge von Taizé erfüllen in diesen Tagen die Basiliken Roms. Der Gesang ist eine Hilfe und ein unvergleichlicher Ausdruck des Gebets. Indem ihr Christus singt, öffnet ihr euch dem Geheimnis seiner Hoffnung. Habt keine Angst, dem Morgenrot vorauszueilen, um Gott zu loben. Ihr werdet nicht enttäuscht werden.
 
Liebe junge Freunde, Christus nimmt uns nicht aus der Welt. Er sendet euch dorthin, wo kein Licht ist, damit ihr andere tragt. Ja, ihr seid alle aufgerufen, kleine Lichter für die zu sein, die um euch herum leben. Indem ihr auf eine gerechtere Verteilung der Güter der Erde achtet, durch euren Einsatz für Gerechtigkeit und eine neue zwischenmenschliche Solidarität helft ihr anderen, besser zu verstehen, wie sehr das Evangelium uns zu Gott und zu den anderen führt. So tragt ihr mit eurem Glauben dazu bei, dass Vertrauen auf der Erde entsteht.
 
Seid voller Hoffnung! Gott segne euch und eure Familien und Freunde!
Letzte Aktualisierung: 7. Januar 2013