TAIZÉ

Worte von Frère Alois

 
Am Ende des gemeinsamen Abendgebets richtete Frère Alois jeden Tag einige Worte an die Anwesenden.


Frère Alois, Basel, 28. Dezember 2017

Frère Alois, Basel, Donnerstagabend, 28. Dezember 2017

Jedem von euch, die ihr aus ganz Europa und darüber hinaus angereist seid, möchte ich heute Abend sagen: Willkommen in Basel! Willkommen in dieser so gastfreundlichen Stadt!

Ein herzliches Dankeschön an alle, die uns nicht nur in der Stadt, sondern in der ganzen Region, in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland aufnehmen!

Zum ersten Mal findet unser Europäisches Treffen in einem Dreiländereck statt, wo zudem zwei verschiedene Sprachen gesprochen werden. Basel ist eine europäische Stadt. Wir möchten hier zum Ausdruck bringen, dass der Weg zu einem vereinten Europa unumkehrbar ist.

Basel ist auch eine von der Reformation im 16. Jahrhundert geprägte Stadt, in der es heute viele ökumenische Initiativen gibt. Indem wir hier zusammenkommen, möchten wir diesen Weg zur Einheit der Christen hervorheben.

Es ist eine große Freude, fünf Tage zusammen zu sein – in all unserer Vielfalt, was unsere Herkunft, Kultur und Konfessionen betrifft. Wir freuen uns, aber wir sehnen uns natürlich alle nach einer Freude, die länger dauert als nur fünf Tage, nach einer Freude, die nie versiegt.

„Eine Freude, die nie versiegt“: Ihr habt im Begleitheft des Treffens gesehen, dass es während dieses Treffens und im ganzen kommenden Jahr darum gehen wird. „Freu dich, freu dich von ganzem Herzen“: Diese Aufforderung haben wir im soeben gelesenen Bibeltext gehört.

Im vergangenen Oktober war ich mit einem meiner Brüder eine Woche im Südsudan und danach eine Woche im Sudan. Es lag mir viel daran, die Situation in diesen beiden Ländern besser zu verstehen und mit den Menschen zu beten, die zu denen gehören, die momentan am meisten leiden.

Nach der Rückkehr sagte ich mir: „So viele Menschen sind von der Gesellschaft ausgeschlossen, leiden unter Gewalt, Hunger, Krankheit, Exil und Naturkatastrophen. Kann man da noch von Freude sprechen, von dieser Freude, die – neben Einfachheit und Barmherzigkeit – eine der drei Grundgedanken ist, die Frère Roger in den Mittelpunkt des Lebens unserer Communauté von Taizé gestellt hat?

Dabei musste ich an die Kinder denken, die wir in Flüchtlingslagern in Afrika kennengelernt haben und die oft schon sehr früh einen großen Teil der täglichen Arbeit übernehmen müssen. Dennoch haben uns diese Kinder ganz selbstverständlich und mit großer Freude aufgenommen. So etwas erlebt man nicht nur in Afrika; es ist eine Erfahrung, die man überall auf der Welt machen kann.

In Afrika haben wir gesehen, dass selbst dort, wo sich viele tragische Schicksale abspielen, in den Kindern das Leben aufstrahlt. Zu früh wird ihre unschuldige Freude zerstört, wenn sie begreifen, dass ihnen schweres Unrecht auferlegt wird. Aber ihre Freude ist für uns wie ein Lichtstrahl, der uns erleuchten könnte. Wo ist die Quelle ihrer Freude?

Morgen früh werdet ihr über den ersten der „Vier Vorschläge für das Jahr 2018“ sprechen. Er trägt den Titel: „Die Quellen der Freude freilegen“. Dabei könntet ihr noch einmal auf den Bibeltext von heute Abend zurückkommen: Er lädt zur Freude ein und er zeigt deren Quelle, wenn es heißt: „Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte.“

Die Freude des Evangeliums kommt aus dem Vertrauen, dass Gott uns liebt, mit einer grenzenlosen Liebe, die er zu jedem von uns hat. Wenn ihr von Basel nur eines mitnehmen könntet – nämlich die Gewissheit dieser unendlichen Liebe Gottes, einer Quelle der Freude –, dann würdet ihr das Wesentliche mitnehmen.

Morgen beim Abendgebet werde ich versuchen zu zeigen, dass die Freude, die aus der Liebe Gottes kommt, keineswegs eine Flucht vor den Problemen unserer Zeit ist. Ganz im Gegenteil, sie macht uns noch sensibler für die Not der anderen.


Frère Alois, Basel, Freitagabend, 29. Dezember 2017

Gestern Abend habe ich gesagt, dass ich im Oktober mit einem meiner Brüder eine Woche im Südsudan und eine Woche im Sudan war. Nach der Rückkehr dachte ich an unser Treffen in Basel und habe mich gefragt: Wie kann ich den Jugendlichen in Basel den Schrei des Schmerzes hörbar machen, der aus dem Elend, der Gewalt, der extremen Not aufsteigt, die wir in Afrika gesehen haben.

Ich habe mich auch gefragt, was wir tun können, damit dieser Schrei gehört wird und die Menschen in ihrer Not nicht mehr den Eindruck haben, dass ihr Schrei verhallt!

Der Südsudan macht eine sehr schwere Zeit durch. Viele Menschen haben jegliche Perspektive verloren und haben keine Hoffnung mehr. Im Land herrscht eine galoppierende Inflation, seit Monaten werden keine Löhne mehr ausgezahlt. Gewalt breitet sich aus und viele Waffen sind im Umlauf.

Ich habe gesehen, wie Mütter ihre unterernährten Kinder zu den Schwestern von Mutter Teresa brachten. Manchmal kommt ein neun- oder zehnjähriges Mädchen mit ihrem kleinen Bruder. Um auf dem Markt etwas zu verkaufen, sind diese Frauen bei drückender Hitze den ganzen Tag über unterwegs – ihre Ware tragen sie auf ihrem Kopf und ein in ein Ziegenleder gewickeltes Baby hängt ihn einem Tragetuch an ihnen.
 
Von der Woche im Sudan bleibt mir eine andere Frau unvergesslich in Erinnerung, die Mutter von Samir. Wer ist Samir? Er war einer der jungen Flüchtlinge, die vor zwei Jahren zu uns gekommen sind. Er hatte eine allzu anstrengende Reise hinter sich und ist kurz nach der Ankunft völlig unerwartet an einem Herzinfarkt gestorben. Die anderen jungen Flüchtlinge haben zusammen mit einem Imam aus unserer Region sein Begräbnis organisiert.

Im Sudan habe ich all das seiner Mutter erzählt. Bei jedem Satz stimmte sie mit den Worten zu: „Al hamdulillah – Gelobt sei Gott!“ Dann sagte sie zu mir: „Er war mein einziger Sohn. Mein Mann hat mich verlassen. Ich bin krank und hatte unser Haus verkauft, um Samir die Reise zu ermöglichen.“ Dann sprach diese muslimische Frau Worte, welche die Bibel Hiob in den Mund legt: „Gott hat gegeben, Gott hat genommen. Gelobt sei Gott!“

Ich glaube, wir können in dieser Frau alle Mütter auf der Welt sehen, die für ihre Kinder leiden.

Solche Geschichten sind sehr ergreifend. Aber auch in Europa, manchmal ganz in unserer Nähe, gibt es Menschen, die vom Leben verwundet sind und Schweres durchmachen. Aus dem Evangelium, das wir heute Abend gelesen haben, wissen wir, dass der menschgewordene Jesus Christus mit jedem Menschen vereint ist. Er ist in jedem Menschen gegenwärtig, besonders in denen, die niemanden mehr haben. Was wir den Allergeringsten tun, das tun wir ihm.

Ich möchte mit euch meine Erfahrung teilen: Wenn wir den Schrei eines notleidenden Menschen aus der Nähe hören, wenn wir ihm in die Augen schauen, ihm zuhören, wenn wir diejenigen berühren, die leiden, dann sind wir Jesus besonders nahe, der als Armer unter armen Menschen gelebt hat; diese Menschen führen uns in eine tiefe Freundschaft mit ihm.

Eine persönliche Begegnung mit den Schwächsten lässt uns die Würde des Anderen erkennen und wir können uns auch noch von den Ärmsten der Armen beschenken lassen. Tragen sie nicht auf unersetzliche Weise zum Aufbau einer geschwisterlichen Gesellschaft bei? Sie führen uns unsere eigene Verletzlichkeit vor Augen. Dadurch machen sie uns demütiger und menschlicher.

Und paradoxerweise ist uns darin eine Freude geschenkt, vielleicht nur ein Funken, aber eine wahre Freude, die die Ärmsten mit uns teilen.

Morgen Früh werdet ihr in den Gesprächsgruppen über die Frage sprechen: Wie können wir auf den Schrei der Allerärmsten hören und mit unserem Leben darauf reagieren? Wie können wir hören, was sie uns zu sagen haben. – Sie helfen uns, unsere kleinen Probleme hinter uns zu lassen und uns darüber zu freuen, einfacher und menschlicher zu werden. Ihr Mut macht uns selbst neuen Mut.


Frère Alois, Basel, Samstagabend, 30. Dezember 2017

In den letzten beiden Tagen habe ich von meinem Besuch mit einem meiner Brüder bei den ärmsten Menschen im Südsudan und im Sudan erzählt, denn dieser Besuch beschäftigt mich noch immer. Im Evangelium haben wir soeben gehört, wie Jesus sagt: „Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes.“ Was meint er mit diesen Worten?

Im Südsudan hat mich in einem Lager für Flüchtlinge aus anderen Landesteilen besonders der Mut der Frauen berührt. Eine Frau erzählte mir, wie sie versucht, Versöhnung und Frieden zu stiften. Das Wasser ist rationiert und manchmal kommt es an den Verteilstellen zu Streit. So hat sie mit einer Gruppe von Frauen damit begonnen, für eine gerechte Verteilung zu sorgen. Diese Frau sagte zu mir: „Indem wir das Wasser miteinander teilen und das „Jeder-für-sich“ überwinden, schaffen wir Frieden.“

Diese Frau hat verstanden, dass der Frieden in uns selbst beginnt und dass ein geschwisterliches Zusammenleben um uns herum davon abhängt, wie wir konkret im Alltag leben.

Wir haben uns um Christus versammelt und wir wissen, dass das Evangelium die Botschaft einer weltumspannenden Geschwisterlichkeit in sich birgt. Die Einheit, die Christus zwischen Gott und den Menschen hergestellt hat, führt zu einer Versöhnung jedes Menschen mit sich selbst – dem Frieden des Herzens –, zu einer Versöhnung der Menschen untereinander – dem Frieden auf Erden – und zu einer Versöhnung der Menschheitsfamilie mit der ganzen Schöpfung.

Viele sehnen sich danach, dass Christen zur Einheit finden, um diese Botschaft der Gemeinschaft nicht länger zu verdunkeln. Wenn die Christen getrennt sind, verliert die Botschaft des Evangeliums ihre Strahlkraft. Unsere brüderliche Einheit kann ein Zeichen der Einheit und des Friedens zwischen den Menschen sein.

Deshalb stelle ich, wenn man mir die Gelegenheit dazu gibt, immer wieder die Frage: Wäre es nicht an der Zeit, dass die getrennten Kirchen den Mut aufbringen, sich unverzüglich unter ein Dach zu begeben, noch bevor ein Übereinkommen in allen theologischen Fragen gefunden wird?

Wie können wir uns „unter ein Dach begeben“? Indem wir alles gemeinsam tut, was gemeinsam getan werden kann: Bibelarbeit, soziale und seelsorgliche Arbeit sowie Religionsunterricht – indem wir nichts mehr unternehmen, ohne uns die Frage zu stellen, was dies für die anderen bedeutet; indem wir zusammen Zeichen der Solidarität setzen angesichts der Armut und des Leidens auf der Welt und indem wir uns für den Schutz der Umwelt einsetzen; indem wir öfter in der Gegenwart Gottes zusammenkommen, auf sein Wort hören, gemeinsam Stille halten und Gott loben.

In diesem Geist, der hier in Basel und in der Region zu spüren ist, haben sich die Christen der verschiedenen evangelischen, katholischen und orthodoxen Kirchen zusammengetan, um uns aufzunehmen. Wir danken ihnen für die Einladung. Wir danken allen, die ihre Türen geöffnet haben, um uns so herzlich willkommen zu heißen. Danke auch den Zivilbehörden, die zusammengearbeitet haben.

Um auf dem Weg zur Einheit der Christen voranzugehen, möchte ich eine Frage wiederholen, die ich bereits im Mai in der Lutherstadt Wittenberg und vor Kurzem in Genf, der Stadt Calvins, gestellt habe.

Vor einem Jahr hat Papst Franziskus am Vorabend des 500. Jahrestags der Reformation die evangelisch-lutherischen Christen in Lund (Schweden) besucht und in einem Gebet Worte gesprochen, die noch nie zuvor ein Papst so gesagt hat: „Heiliger Geist, lass uns mit Freude anerkennen, welche Gaben durch die Reformation der Kirche zuteil geworden sind.“

Fordern diese Worte nicht zum Nachdenken auf; verlangen sie nicht eine Antwort! Sollten wir mit Großmut Gott nicht in erster Linie für die Gaben danken, die er uns geschenkt hat, sondern für die Gaben, die er den anderen anvertraut hat und die wir uns von den anderen schenken lassen können? Welcher Konfession wir auch angehören: Sind wir bereit, die Werte anzuerkennen, die Gott den anderen gegeben hat?

Die Versöhnung zwischen den Kirchen ist der Weg hin zu einer neuen Wirklichkeit, von der wir noch nicht wissen, wie sie genau aussehen wird. Vertrauen wir dem Wort des Propheten Jesaja, der sagt: „Blinde führe ich auf Wegen, die sie nicht kennen, auf unbekannten Pfaden lasse ich sie wandern.“ Der Heilige Geist wird uns auf Wegen führen, die wir im Vorhinein nicht kennen.

Das ganze Jahr 2018 hindurch werden wir den Heiligen Geist bitten, uns durch unser Leben immer mehr zu Zeugen der Versöhnung und des Friedens zu machen. Dazu setzen wir unseren Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde fort. Ich werde jetzt einige Etappen dieses Pilgerwegs nennen.

In Taizé gehen die wöchentlichen Jugendtreffen mit zwei besonderen Momenten weiter: Im Juli 2018 findet ein Freundschaftwochenende zwischen jungen Christen und Muslimen statt. Dabei möchten wir der Frage nachgehen, was uns vereint und was uns unterscheidet. Im August ist eine Woche den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 35 Jahren vorbehalten, um gemeinsam die Quellen der Freude freizulegen.

Wie ich bereits im vergangenen Jahr angekündigt habe, findet im Jahr 2018 das siebte internationale Jugendtreffen in Asien statt, zu dem natürlich auch Jugendliche von den anderen Kontinenten eingeladen sind. Es findet vom 8. bis 12. August statt und alle Jugendlichen sind herzlich willkommen. Dieses Treffen wird in Hong Kong stattfinden.

Zuvor werden wir ein internationales Jugendtreffen in einem Land vorbereiten, das uns besonders am Herzen liegt und wo wir noch nie ein solches Treffen hatten. In diesen Tagen sind 2800 Jugendliche aus diesem Land unter uns und das Treffen dort wird vom 28. April bis 1. Mai stattfinden. Es ist in der Ukraine, in der Stadt Lwiw/Lemberg.

Vom 25. bis 28. Oktober wird ein weiteres Treffen besonders Jugendliche aus mehreren mitteleuropäischen Ländern zusammenbringen. Dieses Treffen wird in der österreichischen Stadt Graz stattfinden.

Und dann kommt das nächste Europäische Treffen. Letztes Jahr waren wir in Nordeuropa, in Riga. Nächstes Jahr fahren wir in den Süden, in eine Stadt, in der wir noch nie ein Europäisches Treffen vorbereitet haben und die auf der Iberischen Halbinsel liegt. Wir sind schon mehrmals in Barcelona sowie in Lissabon und Valencia herzlich aufgenommen worden.

Für nächstes Jahr sind wir vom 28. Dezember 2018 bis zum 1. Januar 2019 nach Madrid eingeladen.


Frère Alois, Basel, Sonntagabend, 31. Dezember 2017

Wir haben soeben gehört, wie Jesus im Evangelium davon spricht, dass er der gute Hirte ist, dass er noch andere Schafe hat und dass es nur eine Herde und einen Hirten geben wird. Jesus ist nicht nur für eine kleine Gruppe von Menschen auf die Erde gekommen, sondern um die ganze Menschheitsfamilie zusammenzuführen. Von daher haben wir unsere Hoffnung auf Frieden unter den Menschen. Mit großer Hoffnung beten wir heute Abend für den Frieden.

Es ist wahr, dass der Frieden bedroht ist. Ich möchte zwei der größten Herausforderungen ansprechen, vor denen die Menschheitsfamilie momentan steht.

Die erste besteht darin, dass unzählige Männer, Frauen und Kinder überall auf der Welt gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Manchmal sind es Krieg und herrschende Unsicherheit, extreme Armut und ein Fehlen jeglicher Perspektiven für die Zukunft oder aber auch klimatische Veränderungen.

Diese Menschen sind in ihrer Not auf Solidarität angewiesen. Und sie werden – das können wir in Taizé bezeugen – dadurch manchmal zu Freunden. Es ist, als ob Christus uns einlädt, über unsere Ängste und unsere Vorurteile hinauszugehen; so als ob er uns sagt: „Ich bin der Hirte aller Menschen. Ich bin auch für sie gestorben – ob sie Christen sind oder nicht. Du kannst also auch zu ihrem Freund werden.“

Die zweite Herausforderung besteht darin, dass unser Planet Erde verwundbar ist. Hören wir auf seinen Ruf. Angesichts der Umweltkatastrophen, vor allem in den ärmsten Regionen der Welt, tragen die westlichen Länder eine große historische Verantwortung.

Zahlreiche Initiativen werden auf den verschiedenen Ebenen ergriffen. Doch sie gehen nicht weit genug. Im Namen von uns allen wage ich folgenden Aufruf an die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft: Finanzielle Mittel für die notwendigen Veränderungen sind vorhanden. Sie müssen aber auch dafür eingesetzt werden, Armut zu beseitigen und die Umwelt zu schützen!

Diese beiden Herausforderungen, die den Frieden bedrohen, sind ungeheuer groß. Doch wir werden uns nicht entmutigen lassen. Wir sind in diesen Tagen an die Quelle einer unerschöpflichen Freude gegangen. Lassen wir diese Quelle in unseren Herzen aufbrechen. Sie wird uns allen den Mut schenken, wo immer es möglich ist, aktiv zu werden und, so klein unser Beitrag auch sein mag, nach Lösungen zu suchen.

Um den Frieden vorzubereiten, möchten wir ein geschwisterliches Zusammenleben fördern. Dazu ist es wichtig, uns anderen Kulturen und Mentalitäten zu öffnen. Das führt uns manchmal sehr weit. Vor meiner Reise in den Südsudan und in den Sudan war ich mit zwei meiner Brüder in einem anderen Teil Afrikas, der ebenfalls schwere Zeiten durchmachte. Wir hatten ein Jugendtreffen in Ägypten.

Einhundert Jugendliche aus Europa, Nordamerika, Afrika und dem Nahen Osten waren dort zusammengekommen. Sie wurden von einhundert jungen orthodoxen Kopten aus Kairo, Alexandria und Oberägypten empfangen. Fünf Tage haben wir gemeinsam die lange und reiche koptisch-orthodoxe Tradition der Kirche in Ägypten kennengelernt.

In Taizé waren den ganzen Sommer über junge arabische Christen, Kopten aus Ägypten, Katholiken und Orthodoxe aus dem Libanon, aus Jordanien, dem Irak und aus Palästina bei uns. Die drei Monate mit ihnen auf unserem Hügel haben uns den Nahen Osten nähergebracht. Wir haben durch sie die Sehnsucht nach Frieden der jungen arabischen Christen gespürt und möchten ihnen noch näher sein.

In wenigen Monaten werden wir einen weiteren Pilgerweg unternehmen. Der Ort ist weit entfernt, sodass wir nicht sehr zahlreich dorthin fahren können; es wird ein einfacher Besuch werden, aber er wird die Verbindungen mit der orthodoxen Kirche vertiefen. Die jungen Russen, die heute Abend in der „St. Jakob-Arena“ sind, werden sich darüber freuen: Vom 16. bis 19. Mai werden wir mit einigen meiner Brüder und einigen Jugendlichen am orthodoxen Himmelfahrtsfest in der sibirischen Stadt Kemerowo teilnehmen.

Unser Bemühen, Gemeinschaft entstehen zu lassen, kann uns sehr weit führen. Aber den ersten Schritt tun wir vor unserer eigenen Tür. Überwinden wir bei uns zu Hause das, was uns von anderen trennt; suchen wir das Gespräch mit denen, die anders denken als wir; bauen wir Brücken zwischen Religionen, zwischen Regionen, den Ländern Europas und zwischen den verschiedenen Kontinenten!

Gehen wir auf die zu, die am schwächsten sind! Lassen wir uns zum Beispiel von einem Obdachlosen seine Geschichte erzählen, oder von einem Menschen, der mit einer Behinderung lebt, einem Kranken oder einem Flüchtling! Dann stellen wir fest, dass unser Herz sich öffnet und weit wird, dass wir menschlicher werden und sogar eine Freude entdecken.

Nehmen wir also von diesem Treffen in Basel diese letzten Worte mit nach Hause: Der Mensch ist für die Freude geschaffen und die Freude kann man nicht für sich selbst behalten, sondern man muss sie mit anderen teilen. Die Freude entspringt aus der Liebe Gottes; diese nie versiegende Freude gibt uns eine innere Kraft, uns für andere einzusetzen.

Letzte Aktualisierung: 31. Dezember 2017