28. Dezember: Ankunftstag
Um 9.00 Uhr machen wir das "Oratorio” (Jugendheim) bei uns in Casciago auf. Töpfe mit heißem Tee stehen bereit. Einige Mütter schneiden Kuchen, rücken Tische und Stühle zu recht. Die Jugendlichen sind damit beschäftigt “Empfangs-Schilder” in den verschiedenen Sprachen aufzuhängen. Die Verantwortlichen gehen noch einmal die wichtigsten Informationen für die Ankommenden durch. Auch das “Transport-Team” wartet schon, um die ankommenden Pilger samt Gepäck zum Oratorio zu bringen. Es schneit, ein starker Wind weht und es ist kalt. Werden sie auch wirklich kommen? Mittags sind wir immer noch ohne Nachricht. Die ersten Gastfamilien rufen bei uns an: “Wann kommen die Gäste?” So wird die Zeit dazu genützt mit einer Gruppe Jugendlicher aus der Gemeinde, einen Tanz für das “Fest der Nationen” am Jahresende einzustudieren.
Um 15.00 Uhr dann endlich ein Anruf vom Bahnhof: “Sie sind da!”. Eine Welle der Freude und der Neugierde geht durchs Oratorio: Alles auf die Plätze! Wird es klappen?.... Willkommen! Die Ankömmlinge begrüßen, zuerst einmal eine Tasse heißen Tee, Kuchen, Pizza und ein paar Worte, die wir uns in ihrer Sprache angeeignet haben.... Das Abenteuer „Taizé“ hat begonnen. Seit heute gehören 120 spanisch-, französisch-, slowenisch-, kroatisch-, rumänisch- und polnischsprechende Pilger zu unserem Pfarrverband Barasso-Casciago-Luvinate-Morosolo. Der Empfang geht gut. Aber wie geht es die kommenden Tage weiter?
29. Dezember: Das Treffen
8.00 Uhr: Das Morgengebet, das erste Mal die kleinen Gruppen, verschlafene Gesichter. Die Familien, voll Neugierde, reden über die Erfahrungen am ersten Abend. Dann drehen sie sich auf einmal um: roter Teppich auf dem Boden, orangenfarbige Vorhänge hinter dem Altar, das Kreuz in der Mitte und Teelichter auf den Altarstufen; das Gebet erinnert an Taizé. Ein Lied, Psalmverse, das Evangelium in den verschiedenen Sprachen, und dann Stille.
Alle Jugendlichen waren zum Morgengebet gekommen, danach geht es in die Gesprächsgruppen. Wir sind noch dabei uns kennenzulernen, jeder stellt sich vor: “ Ich komme aus..., meine Name ist..., ich war schon einmal bei einem Treffen in...“ oder „für mich ist es das erste Mal”. „Ich bin katholisch... ich orthodox...“ Welche Vielfalt! Das anfängliche Misstrauen verschwindet und man öffnet sich. Wir lesen den “Unvollendeten Brief” von fr. Roger zusammen, der vom Frieden spricht. Frieden, der von Gott kommt, Frieden der aus Vergebung entsteht, Frieden der ein Geschenk ist. Um 9.30 Uhr stehen dann alle schon vor der Kirche, die Zeit ist knapp, um 10.00 Uhr geht der Zug nach Mailand! Die Zugfahrt ist eine weitere Gelegenheit zusammen zu sein, mit neuen Diskussionen, neuen Treffen und um neue Brücken zu bauen.
30. Dezember: Gebet
Auch heute sind um 8.00 Uhr alle da. Es ist so schön, ein wirklicher Höhepunkt! Heute ist der Wunsch mitzumachen bei vielen noch spürbarer als am Vortag. Die Leute möchten wirklich ins Gebet finden. Die Gesänge kommen mehr von Herzen, die Stille ist länger. Die Familien sind überrascht und erstaunt... und machen mit. Für die anschließenden Austauschgruppen reichen die Stühle nicht aus - jeder möchte dabeisein .... auf englisch und französisch, deutsch und italienisch. Heute ist ein besonderer Tag für unsere Gemeinde! Wir hatten beschlossen, alle zusammen zur Fiera, dem Messegelände, zu fahren und am Gebet teilzunehmen. Viele Jugendliche und Gastfamilien unserer Gemeinde kommen mit. Es ist das erste Mal.
Wir sind um 11.30 Uhr vor Ort. Erster Halt: der Informationsstand, dann der Buchladen, dann kurz in die Halle 9 schauen, wo später das Mittagsgebet mit der italienischen Übersetzung stattfinden wird. Doch zunächst gilt es, sich zum Mittagessen anzustellen. Die Jüngeren stellen viele Fragen und diskutieren untereinander. Wir gehen als eine der Ersten zum Gebet, finden einen Platz ganz vorne in der Nähe der Brüder. Das Licht ist gedämpft, das Gebet beginnt. Die Brüder sitzen auf kleinen Gebetshockern. Die neugierigen Augen der Jugendlichen fangen an zu verstehen. Mehr und mehr junge Leute singen mit, sind still, hören zu; zusammen mit Tausenden anderer junger Menschen. „Heute habe ich in der Einfachheit des Gebetes Jesus getroffen”, sagt ein 16-jähriger Italiener.
31. Dezember: Frieden
Der letzte Tag des Jahres. Nach dem Morgengebet machen wir diesmal keine Gesprächsgruppen, sondern stellen unseren Gästen einige “Zeichen der Hoffnung” in unserer Gemeinde vor. Eine Gruppe von Familien erzählen davon, wie sie sich ein Haus teilen, von ihren Probleme und Hoffnungen, “zu einer Einheit im Evangelium zu gelangen”. Dann, nachdem die jungen Leute nach Mailand aufgebrochen sind, bereiten wir im Oratorio das “Fest der Nationen” vor... den Saal, Lieder, das Programm. Nebenan bereitet eine andere Gruppe das Gebet für den Abend und den Gottesdienst am 1. Januar vor. Das Gebet beginnt um 23.00 Uhr. Alle 120 jungen Leute sind gekommen. Trotz Kälte und Müdigkeit beten wir für den Frieden. Die Kirche ist voll von Familien, jungen und alten Menschen. “Dona la pace, Signore, a chi confida in Te...”, “Give the peace, Lord, to those who trust in you.”
Um Mitternacht fallen sich alle um den Hals, Grüsse werden in verschiedenen Sprachen verkündigt. Neue Freunde suchen sich in der Menge. Rund um ein großes Lagerfeuer draußen im Schnee singen wir und danken Gott für dieses Treffen, für alles, was wir erleben dürfen und für die Geschenke, die wir miteinander teilen können. Bäckereien und Pizzerien aus der Nachbarschaft haben uns ihre Reste vorbeigebracht, “um auf diese Weise am Treffen teilzunehmen”. Bis um 2.30 Uhr geht es weiter; wir singen gemeinsam und tanzen, junge Italiener tragen jungen Menschen aus anderen Teilen Europas Gedichte vor: sogar mit der Sylvesterparty feiern wir den Frieden. Das „Europa der Menschen” wächst.
1. Januar: “Danke” und ein neuer Aufbruch
11.00 Uhr: Beim Abschlussgottesdienst stehen zusammen mit den Priestern einige Jugendliche aus jedem Land um den Altar. Mit unseren Unterschieden leben wir eine Einheit zwischen Christen im Namen Jesu. Das Evangelium wird in jeder Sprache gelesen, die Predigt in verschiedenen Sprachen an alle verteilt. “Der Pilgerweg von Taizé in Mailand geht zu Ende”, sagt einer der Organisatoren, “aber der wirkliche Pilgerweg beginnt erst jetzt, Zuhause, in unseren eigenen Ländern, in unseren eigenen Gemeinden. Gute Reise nach Hause!”
Alles ist sehr bewegend, viel Applaus, warm und voll Dankbarkeit. Adressen werden ausgetauscht. Menschen umarmen sich ein letztes Mal, machen Fotos, versprechen sich in Zagreb am Ende des Jahres wiederzusehen. Dann geht jeder mit seiner Gastfamilie nach Hause zum Mittagessen. Die Zeit ist knapp. Um 13.45 Uhr ist Abschied am Bahnhof. Sogar Leute, die niemanden aufgenommen hatten, stehen am Bahnsteig, um im letzten Moment dabeizusein. Die Familien verabschieden sich von ihren Gästen: “Unsere Tür wird euch immer offen stehen!”. Der Zug fährt ein. Die Italiener sind traurig, können aber immer noch singen: “1, 2, 3, 4, 5, 6 bye!”. Der Zug fährt ab. Eine eigenartige Stille kehrt ein. Es gibt keinen Grund mehr sich zu beeilen. Wir sind nun wieder allein am Bahnhof; schauen uns gegenseitig in die Augen. Müdigkeit steht in den Gesichtern, aber etwas ganz besonderes ist geschehen, das uns verbindet: Eine unbeschreibliche Erfahrung der Kirche. Nun steht uns die Herausforderung bevor, dies im Alltag weiter zu leben.