TAIZÉ

Das Treffen in Prag von Tag zu Tag

 
Nach vierundzwanzig Jahren bereitete die Communauté von Taizé ein zweites Europäisches Jugendtreffen in Prag vor – das bislang 37. Dies stellte eine enorme logistische Herausforderung dar, aber die beeindruckendste Erfahrung war zweifelsohne der ganz einfache Kontakt zwischen ganz verschiedenen Menschen, Widerschein einer universellen Geschwisterlichkeit. Im Anschluss einige Reaktionen junger Teilnehmer des Treffens:

Ohne die Mithilfe von hunderten Freiwilliger wäre dieses Treffen nicht möglich gewesen

Seit September arbeitete ein internationales Team junger Freiwilliger in Prag, die im „Kafka-Haus“ in der Prager Altstadt ihr Vorbereitungszentrum hatten. Im Dezember stießen nach und nach dreißig Jugendliche dazu, um bei den letzten Vorbereitungen mitzuhelfen.

Am 27. Dezember trafen schließlich 2000 Freiwillige ein, die aus Polen, der Ukraine, aus Deutschland, Frankreich und natürlich aus Tschechien angereist waren. Sie mussten sich schnell zurechtfinden, um ihre Aufgaben – praktische Arbeiten beim Empfang der Ankommenden, im Transportteam, bei der Essensverteilung (zu der z.B. 105.000 Mandarinen angeliefert wurden) oder der Gestaltung der Gebietsorte – ausführen zu können.

Die meisten von ihnen hatten selbst eine lange Busreise hinter sich. Sie wurden zunächst in Letňany, dem Prager Messegelände, in Empfang genommen, und von dort auf verschiedene Kirchengemeinden Prags verteilt. Frère Alois dankte ihnen beim ersten gemeinsamen Abendgebet persönlich.

Irene (Ukraine/Deutschland)
Ich war die letzten zwei Monate als Freiwilliger in Taizé, wo wir die meiste Zeit damit verbrachten, dass Europäische Jugendtreffen in Prag vorzubereiten. Gestern habe ich mitgeholfen, die 2000 Freiwilligen zu empfangen, die zwei Tage vor dem eigentlichen Treffen angekommen sind, um bei den letzten Vorbereitungen mitzuarbeiten. Ich kann noch gar nicht glauben, wie wir es geschafft haben, gestern so viele Menschen zu empfangen; wie soll das erst am 29. gehen, wenn noch weitere 21.000 Leute ankommen.
Garance (Frankreich)
Ich habe zum ersten Mal als Freiwilliger bei einem die Taizé-Treffen mitgeholfen. Ich war im Transportteam, was mir trotz der Kälte und des Schnees wirklich gut gefallen hat! Es macht Spaß, einen konkreten Beitrag zum Treffen zu leisten und dabei Menschen von überall her kennenzulernen, sowohl im eigenen Team als auch Fach unter den Pilgern. Das Lächeln auf den Gesichtern der Ankommenden machte uns glücklich!
Yi-Rong (Taiwan)
Ich komme aus Taiwan und bin zum Auslandsstudium in Deutschland. Ich bin zum ersten Mal bei einem Taizé-Treffen. Alles hier beeindruckt mich sehr. Gestern habe ich als Freiwilliger beim deutschsprachigen Empfang mitgeholfen. Obwohl es sehr anstrengend war, hat es viel Spaß gemacht. Ich lerne immer neue Menschen kennen und kann gleichzeitig Deutsch sprechen.
Marta (Polen)
Obwohl Prag im Zentrum Europas liegt, ist die Reise zu den Europäischen Treffen für viele Jugendliche oft sehr weit. Die Jugendlichen aus Nordeuropa oder der iberischen Halbinsel waren manchmal über fünfzehn Stunden unterwegs und sind nach einer Nacht im Bus am späten Nachmittag oder am Abend angekommen. Die Fernbuslinie zwischen Danzig und Prag ist seit mehreren Tagen voll mit Jugendlichen, die zum Treffen anreisen. Auch wenn manche von uns von der Reise etwas müde sind, sind wir voller Tatendrang, um bei den letzten Vorbereitungen mitzumachen, und denen zu helfen die gerade erst dann kommen und ebenfalls von der Reise müde sind.

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Tausende Familien haben ihre Türen geöffnet, genauso wie zahlreiche öffentliche Schulen Prags

Um für die 23.000 zum Treffen angereisten Teilnehmer Unterkunft zu finden, mussten viele Familien und alleinstehende Personen überzeugt werden, unbekannten Gästen ihre Türen zu öffnen. In einem Land, das man im Allgemeinen als sehr säkularisiert bezeichnet, haben die Behörden die Vorbereitung des Treffens tatkräftig unterstützt. Außerordentliche Solidarität bewiesen unter anderem auch sehr viele Direktoren öffentlicher Schulen, die ihre Räumlichkeiten für die Unterbringung der Pilger zur Verfügung stellten.

Valentina (Kroatien)
Ein Kind unserer Gastfamilie musste überraschend ins Krankenhaus, sodass wir der Familie nicht zur Last fallen und in der Schule übernachten wollten. Doch am Nachmittag kam die gute Nachricht, dass es dem Kind besser geht. Doch trotz der außergewöhnlichen Umstände bestand die Familie darauf, sechs Jugendliche bei sich aufzunehmen. Wir waren von ihrer Solidarität umso mehr beeindruckt, als wir erfuhren, dass sie schon drei kleine Kinder zu Hause haben; diese freuten sich schon darauf, ihre Zimmer mit den jungen Pilgern aus ganz Europa zu teilen.
Raul und Natalia (Spanien)
Vor zwei Tagen hat uns ein Freund von einer Familie erzählt, die uns für die Zeit des Treffens bei sich in Prag aufnehmen wollte. Sie haben uns mit offenen Armen und Herzen empfangen. Und sie sprechen unsere Sprache. Wir sind ihnen sehr dankbar.
Martin (Schweiz)
Nach einem ganzen Tag in der tschechischen Winterkälte, tat der herzliche Empfang unserer Gastgemeinde sehr gut: eine Gemeinschaft von Salesianern, die sich um Kinder kümmern. Nach einem nächtlichen Fußmarsch bei eisigem Wind, machten sie uns ihre Türe auf und empfing uns ein dynamisches Team mit einer Tasse Tee. Alles ist sehr gut organisiert; unsere Gastgeber werden angerufen und kommen, um uns abzuholen.

Die Jugendlichen sind aufgerufen, Salz der Erde zu sein

Anlässlich des Treffens in Prag veröffentlichte Frère Alois – zusammen mit Berichten von Besuchsreisen im vergangenen Jahr in Amerika – vier Vorschläge, um Salz der Erde zu sein. Frère Alois wandte sich jeden Abend des Treffens an die Teilnehmer, wobei er auf diese Vorschläge einging. Die ersten Reaktionen zeigten, dass der Aufruf, Salz der Erde zu sein, einem Anliegen vieler junger Menschen entspricht.

Joel (China)
Ich habe einen Traum: Ich träume davon, dass die Welt zu einem Ort wird, an dem sich alle Menschen zu Hause fühlen. Aber was kann ich tun, damit mein Traum Wirklichkeit wird? Diese Frage treibt mich um und ich suche nach einer Antwort. Deswegen schenkt mir die Erfahrung der letzten Tage ein unbeschreibliches Gefühl von Freude und Frieden.
Antoinette (Schweiz)
Meine Gasteltern erzählten mir eines Abends, dass sie während des totalitären Regimes im Land zur „Untergrundkirche“ gehörten. Dies waren Gruppen und christliche Gemeinschaften, die ihren Glauben trotz des Verbots durch die Regierung praktisch lebten. Für sie war dies auch ein Weg, dem Regime Widerstand zu leisten. Ich war zutiefst beeindruckt von dem, was sie erzählten; ich verstand dadurch besser, welche Verantwortung wir als Christen tragen: Nicht nur für einander innerhalb unserer Gemeinschaften, sondern auch für die Gesellschaft. Salz der Erde zu sein bedeutet, einander beizustehen, aber auch, für unseren Glauben Zeugnis abzulegen. Ich bin überzeugt davon, dass wir viel verändern und etwas mehr Frieden in unserer Gesellschaft bringen können, indem wir an dem festhalten, was uns wichtig ist.

An vorderster Front: Die christlichen Gemeinden von Prag

Die Kirchengemeinden der verschiedenen Konfessionen sorgten nicht nur für die Unterbringung der Teilnehmer, sondern bereiteten auch das Vormittagsprogramm des Treffens vor. Auf diese Weise fanden an einhundertfünfzig verschiedenen Orten Morgengebete und Gespräche in kleinen Gruppen statt.

Berent (Niederlande)
Als wir das Lied „In the Lord I be ever thankful“ sangen, in dem es darum geht, dankbar zu sein und Gott zu vertrauen, entschloss ich mich, nicht mehr betrübt zu sein und mich völlig auf den Pilgerweg einzulassen. Welche Freude! Das Gebet in der Kirche bereiten wir gemeinsam vor und jeder nimmt daran teil; das ist wunderbar. In meiner kleinen Gesprächsgruppe hatte ich ein sehr tiefes Gespräch über den Frieden im Herzen und in unserer Gesellschaft.
Jirka (Prag, Tschechien)
Am Mittwoch den 31. Dezember besuchten zwei kleine Gesprächsgruppen eine Obdachlosenunterkunft. Den Bewohnern dieses Hauses gefielen die Lieder, die die Besucher aus verschiedenen Ländern für sie auf Tschechisch sangen. Am Ende des Treffens, am 2. Januar, brachten wir das übrig gebliebene Brot und Essen aus der Schule und der Kirchengemeinde bei den Obdachlosen vorbei. Alle Bewohner waren sehr dankbar und erinnerten sich noch an unseren Besuch mit den tschechischen Taizé-Liedern.


Die Mittagsgebete und Dutzende verschiedener Thementreffen in der Prager Altstadt

Da die Messehallen in Letňany etwas außerhalb liegen, kamen die Teilnehmer in diesem Jahr dort nur zu den gemeinsamen Abendgebeten und dem Abendessen zusammen. Die Mittagsgebete fanden hingegen simultan in siebzehn historischen Innenstadtkirchen von Prag statt.

Petr (Tschechien)
Während des Europäischen Treffens berührten mich die wunderschönen Gebete am meisten. Die schöne Musik wurde eins mit dem Gebet. Diese Verbindung berührte mich tief im Herzen, besonders die Worte des Gesangs: „Gott ist Liebe; wage dein Leben für die Liebe hinzugeben.“

Die nachmittäglichen Thementreffen am 30. und 31. Dezember sprachen Fragen aus den Bereichen Glaube und Spiritualität, Kirche, Solidarität in der Gesellschaft sowie Kunst und Kultur an. Die Beteiligung war so groß, dass die vorgesehenen Säle verschiedentlich als zu klein herausstellten; so zum Beispiel bei Tomas Halik.

Jakub (Tschechien)
Ich habe an einem Workshop teilgenommen, in dem die Geschichte der Ikonen und die bildliche Darstellung biblischer Geschichten auf sehr interessante Weise vorgestellt wurde. Den einführenden Vortrag hielt der Künstler Martin Damian, der in Prag wohnt und äußerst spannend beschrieb, wie eine Ikone entsteht.


Das Gefühl einer universellen Gemeinschaft

Vielleicht bleibt am Ende dieser gemeinsamen Tage in Prag der Eindruck, dass die Menschheitsfamilie doch in einer größeren Einheit lebt, als man oft meint.

Anatol (Schweiz)
Ich war in den letzten Jahren mehrmals in Taizé und habe dort viele gute Menschen und Freunde das ganze Lieben gefunden. Es ist fantastisch, die meisten von ihnen am Ende jedes Jahres in einer anderen Stadt Europas wiederzusehen, obwohl sie so weit weg wohnen. Heute stieß ich mitten in der Prager Altstadt auf einen alten Freund aus Asien den ich seit vier Jahren nicht mehr gesehen habe und von dem ich nicht einmal wusste, dass er zum Treffen kommen würde. Auch die Atmosphäre in der Stadt während eines solchen Treffens ist erstaunlich: Fremde, die einander helfen oder ganz einfach spazieren gehen und dabei tiefe Gespräche führen.
Joseph (Kenia)
Zuerst hatte mir ein Freund von Taizé erzählt, den ich aus der Kirche kenne. Sie verschaffte mir die nötigen Informationen, um auch am Treffen teilnehmen zu können. Wir verbrachten die gemeinsamen Tage nicht nur wie Freunde, sondern wie eine wahre Familie, gemachten gemeinsame Erfahrungen und beteten zusammen. Während der gemeinsamen Gebete, den Thementreffen und dem gemeinsamen Abendessen wurde mir bewusst, dass sich vielleicht nicht in der Lage bin, die Schwierigkeiten, die im Leben auf mich warten, vorherzusehen, aber ich bin sicher: Ich bin Salz der Erde und für den Geschmack dieses Salzes verantwortlich. Werde ich heute und morgen bitter oder besser? Werde ich mehr oder weniger Geschmack haben? Diese und ähnliche Fragen gingen mir während des Workshops durch den Kopf.

Ein Jahr nach dem Treffen in Straßburg erreichten uns in Taizé eine Reihe von Grußbotschaften, in denen die Erfahrungen tiefer Freude im Elsass und der Ortenau noch einmal zur Sprache kamen. Pierre und das Vorbereitungsteam aus Saverne schreibt: „Die Weihnachtszeit lässt uns an das wunderbare Treffen von Taizé im letzten Jahr zurückdenken. Zu Beginn des Prag-Treffens möchten wir euch allen noch einmal sagen, wie sehr uns das, was wir im letzten Jahr gemeinsam erlebt haben, beeindruckt hat und viele von uns noch immer begleitet. Der Geist, der damals über unsere Stadt und unsere Gemeinden wehte, war besonders stark und trägt noch immer Früchte. Seit einem Jahr kommen wir jeden zweiten Freitag im Monat zu einem gemeinsamen Gebet zusammen, abwechselnd in der evangelischen und in der katholischen Kirche, wie damals während des Treffens.… Der Geist, der uns vor einem Jahr zusammengeführt hat, begleite euch nach Prag und wieder nach Hause, und das ganze vor euch liegende Jahr.“


Zwei Abendgebete wurden vom tschechischen Fernsehen direkt übertragen – Medienecho

Das tschechische Fernsehen übertrug zwei Abendgebete direkt: am 30. Dezember aus Halle 4 des Prager Messegeländes unterm 1. Januar zum traditionellen ökumenischen Neujahrsgottesdienst aus dem Veitsdom. Hier eine Auswahl interessanter Sendungen in verschiedenen Sprachen:

  • Bericht vom Treffen sowie Berichte von Zeitzeugen über das Treffen in Prag im Jahr 1990 (auf Tschechisch)

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Letzte Aktualisierung: 12. Januar 2015
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