Einige Echos von der Vorbereitung
Xavier (Indien)
Ich bin vor fünf Monaten, direkt von der Schulbank aus, nach Lettland gekommen, um an der Technischen Universität von Riga Flugzeugbau zu studieren. Eines Tages ging ich wie gewöhnlich zum Gottesdienst und traf in der Kirche die Freiwilligen aus Taizé. Nach dem Gebet habe ich mich spontan bereiterklärt, bei der Vorbereitung des Treffens mitzuhelfen. So bin ich jedes Mal, wenn mir die Uni etwas Zeit ließ, ins Vorbereitungszentrum gefahren, um – so gut es ging – mitzuhelfen. Jetzt nach dem Treffen bin ich stolz und glücklich.
Mikaela (Schweden)
Für mich begann alles am Ende des letzten Sommers, den ich als Freiwillige in Taizé verbracht hatte. Nach der Rückkehr nach Hause, voll von neuen Eindrücken, fehlte mir im Alltag etwas. So entschloss ich mich, nach Riga zu fahren, um noch mehr Kraft für mein Leben zu finden! Ich wohne in Stockholm in der Nähe des Hafens und sehe jeden Tag die Fähren einlaufen. Es war schön und auch etwas komisch, auf einmal selbst mit einem solchen Schiff nach Riga zu fahren. Ich bin auf dem Schiff anderen jungen Pilgern und Freiwilligen begegnet und das war bereits wie ein kleines Taizé-Treffen auf dem Weg nach Riga.
Matĕj (Tschechien)
Matĕj kam Anfang Dezember nach Riga, um bei den letzten Vorbereitungen mitzuhelfen. Er schreibt: „Vor zwei Jahren habe ich in unserer evangelischen Kirchengemeinde in Prag selbst mitgeholfen, die jungen Teilnehmer des Europäischen Treffens aufzunehmen. Wir wussten damals kaum etwas über Taizé und hatten uns der katholischen Nachbargemeinde angeschlossen. Vor dem Treffen hatten wir nur wenig Kontakt mit ihnen, aber der Empfang der Pilger aus den anderen Ländern hat unsere beiden Kirchen zusammengebracht. Zwei Jahre nach dem Treffen unternehmen wir immer noch so manches zusammen.
Die Fahrt nach Riga
Eduardo (Portugal)
Die weiteste Anreise mit dem Bus hatten mitunter die Portugiesen. Zwei von ihnen haben uns Fotos von ihrer dreitägigen Fahrt geschickt. Wir haben uns in der Algarve, im Süden Portugals, auf die Reise nach Riga gemacht. Die Abfahrt war am 25. Dezember frühmorgens, sodass wir noch in der Nacht Spanien durchquerten und zum Frühstück am 26. schon in Frankreich waren! Danach ging es weiter durch Frankreich und Deutschland. Wir haben in Berlin haltgemacht und sind von dort aus nach Polen und Litauen weitergefahren. Am Nachmittag des 28. kamen wir schließlich in Riga an.
Yulia (Ukraine)
Yulia aus dem Donbass hat neun Monate in Taizé mitgelebt und ist aus der Ukraine nach Riga gefahren. Wir waren 62 Personen und haben Weihnachten in einer griechisch-katholischen Kirche in Vilnius, Litauen, gefeiert. Die Gemeinde lud uns ein, den Weihnachtsgottesdienst mit ihnen zu feiern. Das war eine unvergessliche Erfahrung, bevor wir dann selbst ins Europäische Treffen eingetaucht sind.
Edgar (Guatemala)
Edgar kam nach einer 36-stündigen Busfahrt mit den Freiwilligen aus Taizé nach Riga. Als ich zum ersten Mal von der Fahrt nach Riga hörte, hatte ich Angst vor der langen Reise! Doch nach der Abfahrt begann mir die Sache Spaß zu machen, besonders die Gebete, die Filme und gemeinsamen Mahlzeiten im Bus. Trotz der Müdigkeit waren alle gut aufgelegt.
Das Morgenprogramm in den Gastkirchengemeinden
Mira (Deutschland)
An einem Vormittag waren mehrere Kleingruppen aus unserer Gemeinde in der Nähe von Riga in ein Tagesheim für Menschen mit Behinderungen eingeladen. Wir wurden dort sehr herzlich empfangen, sowohl von den Angestellten als auch von den Besuchern der Einrichtung. Wir setzten uns und einer der Assistenten erklärte uns das Haus, erzählte von den dort betreuten Personen und dem Tagesablauf. Wir hatten unsererseits Weihnachtslieder und einige Gesänge aus Taizé vorbereitet. Es war etwas ganz Besonderes, mit jungen Leuten aus verschiedenen Ländern für Letten das Lied „Svetita Tauta“ zu singen. Nach kurzer Zeit sangen die meisten mit und eine Frau hatte sogar Tränen in den Augen. Für mich war das einer der schönsten Momente des Treffens.
Tanya (Ukraine)
Unsere Gastgemeinde hat uns sehr herzlich aufgenommen. Der Gesprächsgruppenhelfer meiner Kleingruppe war aus Kroatien und hat es geschafft, trotz unserer Unterschiede, ein gutes Gespräch in Gang zu bringen. Wir haben entdeckt, dass wir vieles gemeinsam haben. Diese Verbindung zwischen den Kulturen war für uns sehr wichtig!
Die gemeinsamen Gebete
Tera (Weißrussland)
Ich bin am 26. Dezember als Freiwillige nach Riga gekommen und hatte mich schon lange auf das erste Gebet im Messezentrum Kipsala gefreut, wo alle Freiwilligen die zwei Tage vor dem Treffen gebetet haben. Ich saß vor der Muttergottes-Ikone. Bei den Gesängen und in der Atmosphäre, die einem hilft zu beten, hatte ich das Gefühl, tief in mir eine Quelle von lebendigem Wasser zu berühren.
Katrin (Deutschland)
Durch Zufall habe ich entdeckt, dass die gemeinsamen Gebete aus Riga über „Facebook Live“ übertragen wurden. Ich habe sofort alles stehen und liegen gelassen, um mit euch allen zu singen und zu beten. Ich habe auch einem Freund in Portugal geschrieben, der mir sofort geantwortet hat – wir haben ausgemacht, gemeinsam zu singen … Ich war so glücklich zu wissen, auf diese Weise mit einem Freund zusammen beten zu können. In Taizé hatte ich oft den Eindruck, dass mich die Technik vom eigentlich Wichtigen im Leben ablenkt. Aber heute war ich ganz einfach nur froh, mit euch auf diese Weise in Kontakt zu sein.
Die Thementreffen an den Nachmittagen
Marta (Slowenien)
Ich bin Chemikerin und der Workshop über Quantenphysik war sehr interessant, vor allem was der Leiter des Workshops über Wissenschaft und Glauben sagte. Am beeindruckendsten war für mich, wie der Referent erklärte, dass wir heute das Licht der Schöpfung wie Schallwellen vernehmen können, wie einen Teil des ersten Lichts im Universum. Sehr beeindruckt hat mich auch das Gespräch über die Frage der Ethik in der Wissenschaft: Gott will nichts vor uns verstecken, aber wir müssen uns auch überlegen, was wir mit dem machen, was wir entdeckt haben und wie wir es entdeckt haben.
Patrick (England)
In der lettischen Nationalbibliothek fand ein Workshop statt zum Thema: „Europa heute: Was können wir heute für die Einheit des Kontinents tun?“ Hier einige Zeilen von Patrick:
Ich möchte hier in Riga mehr darüber erfahren, was Fachleute aus verschiedenen Ländern der EU zu den Fragen von Einwanderung und Flüchtlingen sagen. Dazu erhoffe ich mir Informationen, wie wir bestmöglich den Ländern in Europa helfen können, zum Wohl aller zusammenzuarbeiten. Ich mache mir große Sorgen, denn nach dem Brexit gehören wir nicht mehr zum Team – denn die EU ist für mich ein Team. Meiner Meinung nach fordert der Glaube uns auf, anderen aktiv zu helfen. Wir sind verpflichtet, zu helfen und für Gerechtigkeit einzutreten. Ich hoffe wirklich, dass es 2017 damit wieder aufwärtsgeht.
Die Gastfreundschaft einer ganzen Stadt
Janis Vanags, evangelisch-lutherischer Erzbischof von Riga, und seine Frau Baiba
In Zusammenarbeit mit der anglikanischen Gemeinde haben wir bei uns zu Hause sechs Jugendliche aus Polen und Schweden aufgenommen. Daraus ist eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde entstanden. Alle unsere Gäste waren wunderbare Jugendliche – ja, das ist unsere Erfahrung! Wir haben Neujahr im Kirchturm des Doms von Riga gefeiert. Wir hoffen, dass die jungen Leute Riga als einen Ort in Erinnerung behalten, an den sie wieder einmal zurückkehren möchten. Das Mittagessen am 1. Januar haben wir zusammen mit unseren Nachbarn organisiert, die auch zwei Pilger aufgenommen haben. Taizé hat uns eine Gelegenheit gegeben, zusammenzuarbeiten und mit unseren Nachbarn Freundschaft zu schließen. Wir haben bei uns den Tisch gedeckt und ein gemeinsames Mahl in Freundschaft und Dankbarkeit verbracht.
Praise (Indien), Ace und Jay Mark (Philippinen)
Heute saßen wir mit unserer lettischen Gastgeberin Digna und deren Freundin Iryna aus der Ukraine bei Tee und Kaffee zusammen. Nach dem Gespräch wollte Iryna uns aus purer Neugier in unseren Muttersprachen sprechen hören. Um nicht irgendetwas zu sagen, haben wir beschlossen, dass jeder in seiner Muttersprache auf eine wichtige Frage antwortet. Die Frage lautete: „Wann habt ihr zum ersten Mal eine Erfahrung des Glaubens gemacht?“ Für andere völlig unverständliche Worte sprudelten aus uns heraus. Obwohl wir einander nicht verstanden, war es erstaunlicherweise wie eine „normale“ Unterhaltung, bei der man den anderen versteht.
Valentina (Schweiz)
Ich wurde mit zwei anderen Mädchen aus meiner Tessiner Gruppe von einer Familie mit zwei Kindern aufgenommen. Sie waren alle sehr zuvorkommend. Unser „Vater“ hat uns viel von der Geschichte des Landes erzählt, vom Krieg, aber auch über die Kultur Lettlands – das war hochinteressant! Ich denke, dass man bei einer Gastfamilie einen direkten Kontakt mit der örtlichen Kultur hat. Und es war natürlich ein Austausch: Ich habe meiner Gastfamilie zum Beispiel einen echten Schweizer Kuchen gebacken und ein Kartenspiel von uns beigebracht. Es waren Stunden wie mit der eigenen Familie.
Jonathan (Frankreich)
Riga war mein erstes Europäisches Taizé-Treffen. Vor der Abfahrt habe ich mir viele Gedanken gemacht, wie es sein würde, eine Woche bei Fremden zu leben, die uns vielleicht sehr offen aufnehmen, uns aber nicht kennen. Doch die Woche in Riga war hervorragend. Wir waren zu dritt bei drei jungen Frauen zu Gast, die sich eine Wohnung teilen. Bereits am ersten Tag tranken wir zusammen Tee und unterhielten uns über alles Mögliche, vor allem über das Leben in Lettland, unsere Berufe, über unseren Glauben und was wir sonst noch machen … Die Gespräche wurden jeden Tag länger und immer natürlicher. So ist eine wahre Freundschaft entstanden. Beim Fest der Nationen in der Neujahrsnacht haben wir zusammen getanzt. Am Abfahrtstag haben uns unsere Gastgeberinnen ein ausgezeichnetes, landestypisches Mittagessen gekocht, mit einem Schokoladenkuchen, den wir so schnell nicht vergessen werden.
Ana, Jelena, Martina und Ivana (Kroatien)
Nach zwei langen Tagen kamen wir in Riga an und wurden in die Kirchengemeinde der „Alte St. Gertruden-Kirche“ geschickt. Kurze Zeit später lehrten wir auch schon unsere Gastfamilie kennen, ein junges Paar mit zwei kleinen Jungen. Sie haben uns mit offenen Armen aufgenommen und uns nicht nur einen Platz zum Schlafen gegeben, sondern uns ihr ganzes Haus zur Verfügung gestellt. Wir spürten sofort, dass sie uns mochten. Jeden Abend nach der Essensverteilung und dem Abendgebet fuhren wir zur Familie zurück, unterhielten uns mit den Eltern und spielten mit den Jungen. Die Kleinen sprachen nur Lettisch und wir konnten uns deshalb nicht mit ihnen unterhalten, aber wir haben uns perfekt verstanden, mit Liedern und Spielen. Die Gastfreundschaft der Familie in Riga war groß und wir werden ihnen immer dankbar sein.
Francesca (Italien)
Am Morgen des 29. Dezember weckt mich auf dem Sofa einer jungen Familie in Salaspils, einem Vorort von Riga, Ernest, der vierjährige Sohn des Hauses, auf. Er schaute wie jeden Morgen vor dem Kindergarten seine Comics durch. Wir waren am Vorabend sehr spät angekommen und hatten ihn noch nicht kennengelernt, nur seine Eltern. Heute früh entdeckte er unter seinem blauen Schmetterlingskopfkissen auf einmal meine Füße! Wahrscheinlich war er noch nicht ganz aufgewacht und hatte mich auf dem Sofa gar nicht bemerkt … Langsam strecke ich meine Nase unter der Bettdecke hervor, um ihn nicht zu erschrecken. Mir war klar, dass wir uns nicht miteinander unterhalten konnten. Ich hatte erwartet, er würde zu weinen beginnen, sobald er diese Fremde sah, die in sein Haus eingedrungen war; stattdessen setzt er ein strahlendes Lächeln auf und krabbelt an meinen Beinen entlang und nimmt mich in die Arme. So erträume ich mir Europa und die Welt: ein Traum von Vertrauen und Gastfreundschaft.