Mittwoch, 28. Dezember 2011
Zum ersten Mal findet eines unserer Europäischen Treffen in Berlin statt. Wir möchten gleich am ersten Abend allen danken, die uns so herzlich aufnehmen: den Kirchengemeinden, und den vielen Familien und anderen, die ihre Tür aufgemacht haben die.
Insbesondere ein Dankeschön allen, die bereit waren, obwohl sie keiner Kirche angehören, Jugendliche aufzunehmen. Die Gastfreundschaft gehört zu den großen Dingen, die dazu beitragen, Frieden zu schaffen.
Berlin ist eine Stadt, die durch eine große Vielfalt geprägt ist. Eine Stadt, die ganz auf die Zukunft ausgerichtet ist, aber auch versucht, das Gedenken an eine leidvolle Vergangenheit einzubeziehen.
Die Zeichnung der Madonna, der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind, die wir in jeder Gebetshalle sehen, wurde während des Zweiten Weltkriegs von einem deutschen Soldaten in Stalingrad, in Russland, angefertigt. Zur Feier an Heiligabend hat er diese Zeichnung auf der Rückseite einer Generalstabskarte angefertigt. Diese Zeichnung befindet sich heute in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die zur Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus als Ruine belassen wurde.
Wollte dieser Soldat – es ist bekannt, dass es sich um einen evangelischen Gläubigen handelte – seinen Durst nach Leben und Frieden mitten in der schlimmsten Finsternis des Krieges hinausschreien? Wir wissen es nicht, wir lassen uns zutiefst in uns selbst von dieser Zeichnung berühren, die „Stalingrad-Madonna“ genannt wird.
Frère Roger war 1986 zu einer Etappe des „Pilgerwegs des Vertrauens“ in Ostberlin. Die Erlaubnis zu einem Gebet mit Jugendlichen wurde unter der Bedingung erteilt, dass keine Teilnehmer aus dem Westen dazukämen. Diese Epoche liegt hinter uns, Berlin ist heute ein Symbol für alle Menschen, die überall auf der Welt versuchen, trennende Mauern niederzureißen und Vertrauen zu stiften.
Mauern bestehen nicht nur zwischen Völkern und Kontinenten, sondern auch ganz in unserer Nähe und selbst im Herzen des Menschen. Damit diese Mauern fallen können, versuchen wir in diesen Tagen neuen Elan aus den Quellen des Vertrauens zu schöpfen.
Kein Mensch, keine Gesellschaft kann in der Vereinzelung, ohne Vertrauen leben. Deshalb werdet ihr ab morgen Vormittag in den Gruppen darüber nachdenken, wie man neue Wege des Vertrauens bahnen kann.
Sich für das Vertrauen entscheiden bedeutet nicht, die Augen vor dem Bösen zu verschließen. Vertrauen ist weder naiv noch leichtfertig, sondern ein Risiko.
Wir können das Risiko des Vertrauens nicht für uns allein eingehen. Wir bedürfen dazu der Unterstützung Anderer, ihrer Aufgeschlossenheit und ihrer Liebe. Dann können wir die wesentlichen Entscheidungen unseres Lebens freier treffen.
Diese Entscheidungen wurzeln nicht in der Furcht oder lediglich in Gefühlen, sondern in einer Gewissheit: Das Glück liegt nicht im „jeder für sich“, das Glück liegt darin, auf die Solidarität unter den Menschen zu bauen.
An Weihnachten wurde Christus einer von uns und hat uns als Vermächtnis eine neue Solidarität hinterlassen, die sich auf die ganze Menschenfamilie erstreckt. Und wir spüren die Verantwortung, die dieses Erbe mit sich bringt.
Mit dem Brief für 2012 möchte ich alle, die ihn lesen, ermutigen, sich der zwischenmenschlichen Solidarität bewusster zu werden und sie stärker zu leben. Wenn wir Solidarität mit anderen erfahren, Menschen ganz in unserer Nähe oder sehr weit weg, wenn wir die Erfahrung machen, dass wir zueinander gehören und voneinander abhängen, erhält unser Leben einen Sinn.
In einer Epoche, in der sich viele fragen: Worin besteht eigentlich der Sinn meines Lebens?, möchten wir Brüder unserer Communauté klar sagen: Er liegt in der Solidarität mit Anderen, die sich in einfachen Taten konkretisiert. Eine solche Solidarität lässt ahnen, dass es eine Liebe gibt, die uns übersteigt und die uns bewegt, an die Liebe Gottes zu jedem Menschen zu glauben.
In diesen Tagen versuchen wir diese Solidarität in die Tat umzusetzen. Gemeinsam äußern wir auch unsere Dankbarkeit für alle, die ihr Leben geben, indem sie schlicht dienen: in unseren Familien, in einer sozialen oder politischen Tätigkeit, in einem Engagement in der Kirche und auch in der Kunst. Ja, wir alle möchten zur diesen Menschen gehören und dabei Freude finden.
Donnerstag, 29. Dezember
Gestern Abend sagte ich zu euch, dass das Vertrauen unter den Menschen zu den notwendigsten Werten gehört, um neue Formen von Solidarität zu finden. Während dieser Tage in Berlin wollen wir einander dabei unterstützen, diese Gewissheit im Vertrauen auf Gott zu verwurzeln.
Das Vertrauen auf Gott ist mit einem inneren Kampf verbunden, es geht nicht von selbst. Ist deshalb nicht die Zeit gekommen, sich auf neue Weise die Frage zu stellen: Was bedeutet es, an Gott zu glauben? Die Gemeinschaft, die zu leben uns in diesen Tagen gegeben ist, bewegt uns dazu, diese Frage zu stellen. Wir werden sie morgen Vormittag in den Gruppen vertiefen: Was bedeutet es, Gott zu vertrauen?
In Jesus kommt Gott auf uns zu. Er will jedem Menschen nahe sein. Es läge mir sehr daran, dass wir alle in diesen Tagen diese Nähe auf erneuerte Weise spüren.
Aber wie? Müssen wir nicht eher erkennen, dass wir nichts oder sehr wenig von der Gegenwart Gottes spüren? Ja, für viele trifft das zu. Oder es stimmt für manche Zeiten in unserem Leben. Aber bleiben wir nicht bei dieser Feststellung stehen. Gehen wir tiefer. Wie?, werdet ihr mich weiter fragen.
Um die Gegenwart Gottes in uns zu empfangen, sind wir nicht einzig auf unsere Gefühle angewiesen. Gott appelliert an unsere Fähigkeit, Vertrauen zu schenken, sei sie auch ganz gering.
Konkret kann das heißen: Augenblicke finden, in denen wir unsere Sorgen an die zweite Stelle rücken, um eine Art inneren Freiraum aufzutun, in dem Gott kommen kann. Selbst wenn wir nur eine Leere spüren, kommt der Heilige Geist, und unmerklich kann sich das Vertrauen auf Gott in uns ausweiten.
Dies erfordert, auf ein Gottesbild zu verzichten, das stets auf unsere unmittelbaren Bedürfnisse antwortet. Und das kann für uns hart sein, insbesondere wenn wir uns der Absurdität des Leidens zu stellen haben.
Das Evangelium verlangt uns einen anspruchsvollen Sprung ab, eine radikale Umkehrung des Bildes, das wir von Gott haben: Erkennen, dass Gott sich verletzbar macht, heißt, dass er darauf angewiesen ist, geliebt zu werden. Seine Liebe zu uns beinhaltet die Frage: „Und du, liebst du mich?“
Indem er zu uns sagt, dass unsere Liebe für ihn zählt, erkennt Gott die Größe unseres Lebens und unserer Freiheit an. Dadurch gibt Gott selbst dem benachteiligsten Menschen die Würde zurück, wird er ihm gerecht.
Wir alle können unsere Liebe zu Gott nahe, vielleicht nicht mit erhabenen Gefühlen oder außergewöhnlichen Gedanken. Aber wir können Stille halten und einfach zu ihm sagen: „Du weißt, das ich dich liebe, dass ich im Vertrauen auf deine Gegenwart leben will.“ Im Gebet vereint sich stets etwas vom Himmel und der Erde.
In solchen Augenblicken des Gebets spüren wir vielleicht nicht unmittelbar dessen Wirkung. Aber Gott schenkt uns den Heiligen Geist, und das Leben aus Gott kann in uns keimen, wachsen und unsere Gedanken und Taten inspirieren.
So lassen wir uns in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen immer mehr durch die Liebe bestimmen, die Gott uns entgegenbringt und nicht durch die Angst oder Verteidigungsreaktionen. Das Vertrauen, dass Gott in uns legt, wird zum Strahl der Güte für alle, die uns anvertraut sind, zur Quelle eines Lebens in Solidarität mit den anderen.
Die Solidarität kann nicht an unserer Tür aufhören. Deshalb setzen wir gemeinsam in diesen Tagen ein Zeichen für die Bevölkerung in Nordkorea. Seit etwa 15 Jahren können wir von Taizé aus regelmäßig humanitäre Hilfe für dieses gespaltene Land leisten, das uns am Herzen liegt. Danke allem von euch, die medizinische Apparate oder Medikamente mitgebracht haben, wie wir mithilfe des Roten Kreuzes in Pjöngjang den Krankenhäusern in den ländlichen Gebieten zuschicken werden.
Das Evangelium erinnert uns daran: Christus wird mit den Ärmsten solidarisch. In allen, die hungern, die krank oder verlassen sind, erwartet er uns.
Das Gebet weitet unseren Horizont. Gott kann mitten in den Widersprüchen des Lebens eine Flamme der Hoffnung und der Freude entzünden. Ein solches Gebet nähert uns Gott an und verändert unseren Blick auf die Welt. Die Liebe Gottes möge uns berühren, so dass unser Leben zu einem Leben für die anderen wird.
Freitag, 30. Dezember 2011
In diesen Tagen denken wir über neue Formen von Solidarität nach. Aus ganz Europa in Berlin versammelt, möchten wir ein klares Zeichen dafür setzen, dass wir ein solidarisches und offenes Europa wollen und dass wir die dazu nötigen Reformen mittragen.
Angesichts der äußerst schnellen Veränderungen in unseren Gesellschaften, angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten und Schwierigkeiten ist es an uns, daran zu erinnern, dass der wirtschaftliche Aspekt, so wichtig er sein mag, nicht den Menschen ausschöpft, dass die spirituelle Dimension für den Menschen konstitutiv ist, dass die Würde jedes Menschen grenzenlose Achtung verlangt.
Wir sind dankbar für die zahlreichen Botschaften, die wir erhalten haben. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon, schreibt uns: „Ich freue mich, dass ihr eure Aufmerksamkeit auf die Suche nach neuen Formen von Solidarität verwendet. Ihr habt eine entscheidende Rolle dabei zu spielen, die politischen und sozialen Veränderungen voranzubringen. Aber denkt daran: Miteinander verbunden zu sein ist nicht dasselbe wie miteinander vereint zu sein. Ob man miteinander verbunden ist, hängt von der Technik ab, ob man miteinander vereint ist hängt von der Solidarität ab. Solidarität muss die Grundlage für globale Lösungen sein.“
Die Erfahrung von Gemeinschaft, die wir in diesen Tagen machen können, stellt uns vor die Frage: Wie kommt es, dass wir eine so tiefe Gemeinschaft leben können, wo wir von so verschiedenen Horizonten herkommen?
Ist diese Gemeinschaft nicht ein Zeichen dafür, dass die Botschaft des Evangeliums kein toter Buchstabe ist, sondern eine Quelle neuen Lebens, die uns von Christus kommt? Christus ist heute lebendig. Ohne irgendetwas aufzudrängen begleitet er jeden Menschen. Er führt uns zusammen.
Durch unser Leben sagen, dass Christus uns in der Liebe Gottes versammelt, ist die Daseinsberechtigung unserer kleinen Communauté von Taizé.
Frère Roger war wie von einer Leidenschaft für die Gemeinschaft durchdrungen. Das Vertrauen auf Gott, Christus und den Heiligen Geist war für ihn untrennbar von der Suche nach Versöhnung und Frieden unter den Menschen. Morgen Vormittag werdet ihr euch in den Gruppen Fragen, was dies auch für euch bedeuten kann.
Die Kirche ist keine Sondergesellschaft. Christus sendet die Menschen, die an ihn glauben, in die Welt hinaus, um Sauerteig des Vertrauens und des Friedens, um Salz der Erde zu sein. In diesem Sinn sprach Frère Roger vom „Christus der Gemeinschaft“.
Wie können wir den Skandal der Spaltung zwischen den Christen fortbestehen lassen? Dies geht so weit, dass wir diese Spaltungen nicht einmal mehr als Skandal empfinden! Zwischen den verschiedenen Spiritualitäten und Traditionen wird immer eine Vielfalt bestehen müssen. Unsere Resignation reicht aber so weit, dass wir diese Vielfalt zum Vorwand nehmen, nicht mehr nach der sichtbaren Einheit zu suchen.
In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts gab es bedeutende Vorstöße hin zur Versöhnung unter den Christen. Wir wollen heute nicht auf der Stelle treten und uns in einem Parallelismus einrichten. Mit Entschlossenheit wollen wir alles tun, um zur sichtbaren Einheit unter Christen zu gelangen.
Dies bedeutet, dass wir aufeinander zugehen, um einen Austausch an Gaben zu verwirklichen: das Beste herausfinden, das Gott in die anderen gelegt hat. Dies bedeutet auch gemeinsam alles zu tun, was möglich ist, und wir können viel mehr gemeinsam tun als wir denken.
Dies bedeutet vor allem, mehr zusammen zu beten. Uns öfter gemeinsam zu Wortgottesdiensten zusammenfinden, heißt bereits die Einheit vorwegnehmen und es dem Heiligen Geist überlassen, uns zu vereinen. Dies wird zweifellos auch den theologischen Dialog voranbringen können.
Von diesen Bemühungen beseelt, endet unser Pilgerweg des Vertrauens nicht in Berlin, sondern er geht weiter. Vier der nächsten kleineren oder umfangreicheren Etappen möchte ich hier eigens nennen.
Das 3. Internationale Jugendtreffen in Afrika findet vom 14. bis zum 18. November in Ruanda, in Kigali, statt.
Es ist wesentlich, zu neuer Solidarität zwischen Afrika und Europa zu finden, zu einer wirklichen Partnerschaft, gegenseitigem Aufeinander-Hören. Ruanda trägt noch die Spuren eines Völkermordes, aber das Land wird wieder aufgebaut und entfaltet sich von neuem. In Taizé wird es in jeder Woche Vorbereitungstage für alle geben, die am Treffen in Kigali teilnehmen möchten.
Am 2. März werden wir zusammen mit einer internationalen Gruppe Jugendlicher mit den Verantwortlichen des ökumenischen Weltkirchenrates beten, dem mehrere Hundert orthodoxe, anglikanische, evangelische und unierte Kirchen angehören.
Um die orthodoxe Kirche besser kennen zu lernen, werden wir, nachdem wir an Ostern dieses Jahres auf einem Pilgerweg in Moskau waren, mit Jugendlichen verschiedener Erdteile vom 3. bis 6. Januar 2013 das Fest der Erscheinung des Herrn, Epiphanias, mit dem ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Bartholomäus und den Christen der Stadt Istanbul feiern.
Und wo wird schließlich unser nächstes Europäisches Jugendtreffen stattfinden? Dieses Mal werden wir in Südeuropa erwartet. In einem Jahr, von 28. Dezember 2012 bis zum 2. Januar 2013 gehen wir nach Italien, in die Stadt Rom.
Unter uns ist heute Abend der Generalsekretär der Diözese Rom, Bischof Mancini. Und in der Botschaft, die wir von Papst Benedikt XVI. erhalten haben, heißt es: „Der Heilige Vater teilt euch mit, dass er sich sehr freut, euch im nächsten Jahr zum 35. Europäischen Treffen eures Pilgerwegs des Vertrauens auf der Erde zu Gast zu haben. Rom wird euch herzlich aufnehmen!“
Ein Kind: Heute Abend grüßen wir die Jugendlichen aus Weißrussland, Russland, der Ukraine, Albanien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Montenegro, Litauen und der Slowakei.
Wir grüßen die Jugendlichen aus China, insbesondere die Gruppe aus Hongkong, aus Korea, Japan, Kasachstan, Usbekistan, Indien, Bangladesch, Indonesien, von den Philippinen, aus Vietnam und aus der Türkei.
Wir grüßen die Bischöfe, Pfarrer und Kirchenverantwortlichen von Berlin, aus anderen Teilen Deutschlands und mehreren anderen Ländern. Wir grüßen auch die politischen Verantwortlichen und die Vertreter des Berliner Senats.
Samstag, 31. Dezember 2011
Mit unserem Treffen in Berlin, das Jugendliche aus ganz Europa und auch von den anderen Erdteilen versammelt, bringen wir unsere Überzeugung zum Ausdruck, dass neue Formen von Solidarität möglich sind.
Wir danken allen, die es ermöglicht haben, dass dieses Treffen voller Freude und Hoffnung ist: den Gastgeberinnen und Gastgebern, die den Gästen ihre Türen geöffnet haben, den Kirchengemeinden mit ihren Pfarrern, den Verantwortlichen in der Bundes- und Kommunalpolitik, allen, die in dieser Urlaubszeit das Treffen durch ihre Mitarbeit unterstützten und auch den jungen Freiwilligen, die früher anreisten, um mitzuhelfen.
Der Glaube ist kein Zufluchtsort außerhalb der Welt, Christus sendet uns in die Welt. Im Vertrauen auf ihn finden wir Geschmack am Risiko und Lust, Verantwortung zu übernehmen.
Die Erschütterungen in der Weltwirtschaft geben uns zu denken. Die zunehmenden Ungleichheiten, selbst innerhalb reicher Gesellschaften, wie auch die unkontrollierte Ausbeutung der Rohstoffe des Planeten sind Quellen der Konflikte von morgen, sie stellen eine schwere Hypothek für die zukünftigen Generationen dar. Es wäre unverantwortlich, das nicht zu sehen.
Die Lösungen finden sich nicht nur auf technischem Gebiet. Die Umbrüche unserer Epoche rufen nach einer Veränderung unserer Lebensführung. Viele spüren deshalb die innere Frage: Worin liegt der Sinn meines Lebens?
Für die Zukunft von uns allen ist ein Teilen der materiellen Güter unumgänglich. In den reichen Gesellschaften müssen wir zweifellos lernen, uns mit weniger zu begnügen. Dies erfordert, dass wir unsere persönliche Entfaltung mehr in den sozialen Bezügen als in einer Anhäufung materieller Güter suchen.
Dies erfordert Verzicht. Gibt es wirkliche Freiheit, starkes und dauerndes Glück ohne Verzicht? Frère Roger sagte oft: „Nichts lässt sich auf bequemen Wegen schaffen.“
Solidarität und Gottvertrauen: Diese beiden Werte, die wir in diesen Tagen zu meditieren begannen, sind so wichtig, dass wir uns drei Jahre Zeit nehmen, um sie weiter zu vertiefen. Warum drei Jahre? Weil man nichts ohne eine gewisse Dauer aufbauen kann. Weil diese Fragen Ausdauer verlangen. Dann können sie nachgerade zu einem Lebensprojekt werden.
Wir werden morgen wieder in unsere Länder, in unseren Alltag zurückkehren. Ich möchte euch Jugendliche dazu aufrufen: Setzt zuhause die in diesen Tagen begonnene Suche fort!
Ja, bleiben wir weiterhin gemeinsam auf der Suche und teilen wir unsere Erfahrungen. Damit möglichst viele Jugendliche Gehör finden, werden wir Treffen auf jedem Erdteil halten. Im kommenden Jahr, an Pfingsten, findet eines in Chicago statt, und dann, wie ich euch gestern Abend sagte, im November in Kigali.
Während dieses ersten Jahres gehen wir insbesondere der Frage nach: „Wie können wir unter den Menschen Wege des Vertrauens bahnen?“
In drei Jahren, im August 2015, halten wir in Taizé eine Versammlung für Solidarität, um unsere Suche zusammenzuführen und einen neuen Anlauf zu nehmen.
Es geht nicht so sehr darum, spektakuläre Aktionen durchzuführen. In der Weltgeschichte haben manchmal einige wenige durch ihre Treue und ihre schlichte Ausdauer die Ereignisse auf Dauer beeinflusst.
In Solidarität leben ist zunächst eine innere Einstellung. Für manche von euch werden Zeiten der Stille und des Gebets vielleicht unerlässlicher. In Taizé werden wir weitere Möglichkeiten für Zeiten für Zeiten der Retraite, der Einkehr und Stille, einrichten.
In jeder der Hallen, in denen wir zusammen sind, habt ihr ein kleines Licht vor euch, das in einer Laterne brennt. Diese Flamme ist von weit her gekommen, sie kam direkt aus der Geburtsgrotte in Bethlehem. Wir haben sie einander zu Beginn des Abendgebets weitergegeben.
Sie ist wie eine Flamme der Solidarität, die wir nicht für uns selbst behalten können. Sie wird nach eurer Rückkehr zuhause in dem Maße wachsen, wie wir sie mit anderen teilen.
Wir Brüder wollen einfach da sein, in Taizé oder in unseren Fraternitäten auf verschiedenen Erdteilen, in unserem Leben der Gemeinschaft und des Gebets durchhalten. Durch unsere Anwesenheit wollen wir zu den Menschen gehören, bei denen ihr auf eurer Suche nach Vertrauen stets Unterstützung findet.
Ein Kind: Heute Abend grüßen wir die Jugendlichen aus Österreich, der Schweiz, Großbritannien, Irland, Frankreich, Andorra, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien, Griechenland und die jungen Deutschen.
Wir grüßen die Jugendlichen aus Ägypten, Senegal, aus dem Togo, von der Elfenbeinküste, aus dem Kongo, aus Ghana, Sambia, Uganda, Tansania, dem Tschad, Ruanda, Südafrika, Ägypten, von den kapverdischen Inseln, aus Ekuador, Guatemala, Australien und Neuseeland.
Frère Alois: Und nun werden wir weiter singen. Gott, Christus und dem Heiligen Geist singen, gleich noch mit Gesängen hier und dann später heute Abend und Morgen Vormittag in den Kirchengemeinden, singen, damit Gott es uns schenkt, in unserem Umfeld Zeugen seines Friedens und seines Lichts zu sein.